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Innenminister hebt Reisebeschränkung aufSeehofer erlaubt ein bisschen Liebe

Unverheiratete Ausländer*innen dürfen ab Montag wieder einreisen, um ihre deutschen Partner*innen zu besuchen. Das gilt aber nicht für alle.

Liebespaar an der Deutsch-Schweizer Grenze zwischen Konstanz und Kreuzlingen im April Foto: dpa

Berlin taz | Horst Seehofer öffnet am Montag die Grenzen, zumindest ein kleines bisschen: Ab null Uhr fällt ein Teil der Einreisebeschränkungen, die wegen der Coronapandemie seit dem Frühjahr gelten. Ausländer*innen aus Nicht-EU-Staaten dürfen dann grundsätzlich wieder nach Deutschland einreisen, um ihre hier lebenden Partner*innen zu besuchen – auch wenn sie nicht verheiratet sind. Bisher waren solche Besuche nur Ehepaaren erlaubt.

Die Lockerung ordnete Seehofer in seiner Funktion als Bundesinnenminister am Freitag an. Entsprechende Forderungen waren zuvor über Wochen immer lauter geworden: Zunächst organisierten sich Betroffene in den sozialen Medien unter dem Hashtag „#LoveIsEssential“. Unterstützung erhielten sie zu Beginn vor allem aus der Opposition, später auch aus der SPD und schließlich sogar aus Seehofers eigener Partei. Zuletzt ermutigte die EU-Kommission die Mitgliedsländer am Freitag, die Regeln für Unverheiratete zu lockern. Stunden später verkündete Seehofer einen entsprechenden Erlass.

Sofia Fintelmann und ihr Partner gehören zu denen, die lange auf diese Nachricht gewartet hatten. Die Studentin aus Berlin lernte ihren Freund im vergangenen Jahr kennen, als er ein Auslandssemester in Deutschland verbrachte. Nach seiner Rückkehr in die USA besuchte sie ihn dort zwei Mal. Seit März durften sie sich schließlich nicht mehr sehen.

Nach der Nachricht von Freitag machte er sich sofort bereit. Wenn alles klappt, setzt er sich an diesem Dienstag ins Flugzeug. „Nach der langen Zeit freuen wir uns natürlich sehr darauf“, sagt Fintelmann. Zufrieden ist sie mit Seehofers Erlass trotzdem nicht: „Die Regelung schließt viele Paare aus. Hätte ich meinen Freund nicht in Deutschland kennengelernt, dürften wir uns weiterhin nicht besuchen.“

Umstrittene Bedingung

Tatsächlich stellt das Innenministerium eine umstrittene Bedingung: Eine Einreiseerlaubnis gibt es nur, wenn sich das Paar schon mal in Deutschland getroffen oder im Ausland zusammen gewohnt hat. Wer sich bisher nur im Ausland gesehen hat, dort aber keine gemeinsame Wohnung hatte, hat keine Chance. Die Treffen in Deutschland müssen mit Flugtickets oder ähnlichen Nachweisen belegt werden.

„Reisen sollen weiterhin die Ausnahme sein. Deswegen muss zumindest ein Bezug zu Deutschland da sein“, sagt ein Ministeriumssprecher. Wenn sich Paare früher im Ausland getroffen hätten, sei ein Treffen in Deutschland „nicht unbedingt erforderlich“.

Der Europaabgeordnete Moritz Körner (FDP) nennt diese Regelung „diskriminierend“. Auf Twitter schrieb er: „Manche christlich-soziale Politiker haben scheinbar keine Ahnung, was Liebe heute bedeutet.“ Der Bundestagsabgeordnete Stefan Liebich (Linke) sagte der taz: „Wir halten das für falsch und fordern das Innenministerium auf, diese Hürde aufzuheben.“

Weitere Hürden

Ein weiteres mögliches Problem: Wenn Flughäfen und Airlines im Ausland nicht rechtzeitig von der Lockerung erfahren, könnte es sein, dass sie Passagiere beim Boarding abweisen. So geschah es Partner*innen von Österreicher*innen, nachdem die Regierung in Wien im Juli ihre Einreisebeschränkung für Unverheiratete aufgehoben hatte.

Auf der Homepage des Airline-Dachverbands IATA, der die Fluggesellschaften über alle internationalen Regelungen auf dem Laufenden hält, war Seehofers Lockerung am Sonntag noch nicht verzeichnet. Ob der Verband schon informiert wurde, konnte das Ministerium nicht sagen. Sofia Fintelmanns Freund hat sein Ticket für Dienstag daher noch nicht gebucht. „Wir warten ab, bis das geklärt ist“, sagt die Berlinerin. „Wir könnten es uns nicht leisten, den Flug auf gut Glück zu buchen.“

Noch schwieriger ist die Situation weiterhin für Betroffene, die für die Einreise nach Deutschland ein Visum benötigen. Vor allem Personen aus armen Ländern haben es oft schon in normalen Zeit schwer, eine Einreisegenehmigung zu bekommen – manchmal sogar trotz Trauschein. Durch Corona wurde die Lage noch komplizierter: In einigen Staaten haben die deutschen Botschaften ihre Konsularabteilungen geschlossen. Visa erteilen sie nur in begründeten Ausnahmefällen. In diesen Fällen nützt betroffenen Paaren zunächst auch Seehofers neuer Erlass nichts.

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3 Kommentare

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  • Sehr gut.



    Wir benötigen mehr Familiennachzug um die deutsche -Gesellschaft- diverser zu machen!

    Dafür bin ich gerne bereit 2021 höhere Steuern zu bezahlen.

    Desto mehr umso besser.

  • 9G
    90946 (Profil gelöscht)

    Das stimmt: „Manche christlich-soziale Politiker haben scheinbar keine Ahnung, was Liebe heute bedeutet.“ Und nicht nur scheinbar, sondern anscheinend. Dass Visa für Menschen aus ärmeren Ländern nun wegen geschlossener Konsulate kaum zu erlangen sind, ist auch richtig, so wird Familienzusammenführung verschleppt bis verhindert. Gar keine Chance hat die Liebe, wenn es um in Moria zusammengepferchte geflüchtete Menschen geht. Die sind ganz arm, die will der Innenminster selbst dann nicht reinlassen, wenn andere sie aufnehmen wollen. Schande!

  • Vielen Dank für den tollen Artikel mit etwas Kontext und weiteren Erklärungen, wem die Lockerung hilft. Überall sonst konnte ich bisher nur eine Kopie der dpa-Meldung oder eine Abschrift der BMI-Pressemeldung finden, die vieles unklar lassen.