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Inklusion an SchulenHenri wiederholt die vierte Klasse

Die Diskussion um die Schulkarriere des elfjährigen Henri mit Downsyndrom endet mit einer Überraschung: Er bleibt zunächst auf der Grundschule.

Wurde vom Gymnasium abgelehnt: Henri, elf Jahre, Down-Syndrom. Bild: dpa

WALLDORF taz | Entscheidung aufgeschoben: Henri, ein Junge mit Downsyndrom aus dem baden-württembergischen Walldorf (Rhein-Neckar-Kreis), wiederholt die vierte Klasse der Grundschule. Wie am Wochenende bekannt wurde, haben sich die Eltern in Gesprächen mit der Schulverwaltung auf diese Lösung geeinigt.

Er muss sich von seinen Freunden trennen, behält aber das gewohnte Umfeld an der Grundschule, argumentiert seine Mutter Kirsten Ehrhardt. Sie als Eltern hätten diese Lösung beantragt und sehen darin keineswegs einen Rückschritt oder Stillstand für ihren Sohn. „Wenn das schlecht für ihn wäre, hätten wir uns nicht einvernehmlich mit der Grundschule und der Sonderschule so entschieden.“ Henri lerne ohnehin auf seinem eigenen Niveau, egal welche Schule er besuche.

Vorausgegangen war eine wochenlange bundesweit geführte Debatte um die Schulkarriere des Elfjährigen. Henri sollte nach dem Wunsch seiner Eltern mit einigen Kindern seiner Grundschulklasse aufs Gymnasium wechseln. Doch dort wurde er abgelehnt, wie auch von der Realschule in Walldorf. Daraufhin hat sich eine bundesweite Debatte um die Frage entwickelt, ob ein Gymnasium der richtige Ort für ein Kind mit geistiger Behinderung ist – und ob Inklusion Grenzen hat.

Dass diese Diskussion entstanden ist, sei gut, aber nicht ihr Ziel gewesen, sagt Henris Mutter. „Wir wollten unseren Sohn auf das Gymnasium schicken. Dieses Ziel haben wir nicht erreicht.“ Kirsten Ehrhardt und ihr Mann Norbert Hirt hatten von der Politik ein Machtwort verlangt: Die Schulen seien durch die EU-Behindertenrechtskonvention gezwungen, sich für Inklusion zu öffnen – auch das Gymnasium in Walldorf.

Zieldifferenter Unterricht

Kultusminister Andreas Stoch (SPD) hat den Schulversuch mit Henri entgegen des Elternwunsches zwar nicht verordnet, dem Gymnasium aber aufgetragen, bis zum nächsten Schuljahr für solche Fälle vorbereitet zu sein. Zu dem Fall Henri macht das Kultusministerium allerdings keine Angaben mehr – aus Gründen des Datenschutzes, heißt es.

Zum Schuljahr 2015/16 wird in Baden-Württemberg voraussichtlich ein neues Schulgesetz in Kraft treten. Das Kultusministerium will damit zieldifferenten Unterricht möglich machen. Das heißt, dass auch Schüler, die das Abitur nie erreichen werden, ein Gymnasium besuchen können. Allerdings wird vom Kultusministerium betont, dass es auch dann kein Elternwahlrecht gibt, auf welche Schule genau sie ihr Kind schicken wollen.

Kirsten Ehrhardt will sich zu Spekulationen darüber, ob sie darauf wartet, dass sich das Gymnasium im nächsten Jahr für Inklusion öffnen muss, nicht äußern. „Wir wollen Henri ein weiteres glückliches Schuljahr bescheren, Spekulationen sind da kontraproduktiv.“ Für sie ist es zunächst wichtig, dass Henri weiterhin an der Regelgrundschule „mittendrin“ ist. Nach dem nächsten Schuljahr ist er allerdings gezwungen, die Grundschule zu verlassen.

Die Entscheidung, Henri die vierte Klasse wiederholen zu lassen, hält die Landesvorsitzende der Lehrergewerkschaft GEW für „nicht ganz nachvollziehbar“. Das sagte sie der Nachrichtenagentur dpa. Henris Eltern hatten immer damit argumentiert, er wolle mit seinen Freunden zusammenbleiben. Wenn er nun auf der Grundschule bleibe, so Moritz, „dann hat er seine Bezugsgruppe auch nicht mehr“.

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17 Kommentare

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  • Die Förderschulen sind der bessere Weg, geistig behinderte oder zurückgebliebenen Kindern Bildung für das Leben zu vermitteln.

    Die Inklusion führt nicht nur zu einer Niveausenkung und zu Schwiergkeiten im Unterrichts bei betroffenen Klassen- sie zeigt auch dem betroffenen Kind täglich sein Andersein und Scheitern.

  • (2) Damit ist die Diskriminierung formal abgeschafft – aber davon ist keinem Kind geholfen. In den Regelschulklassen mit einigen Stunden Sonderpädagogik wird das Chaos ausbrechen – die meiste Zeit ist einfach keine Fachfrau für den jeweiligen Föderbedarf vor Ort – und Kinder und Eltern dürfen sich auf den Krieg um die Lehrer-Ressourcen einstellen. Da kann es häßliche Szenen auf dem Elternabend geben. Habe ich selbst schon erlebt – sogar schon „ohne“ „Inklusion“.

    Nun, die Folgen sind klar - „egal“-Eltern werden jammern – wie immer, „Leistungs“-Eltern werden ihre Kinder auf Privatschulen geben – oder gar welche gründen – die dürfen nämlich Kinder und Eltern aussuchen. So entsteht Sozial-Rassismus.

     

    Liebe Eltern, warum Ihr Kind später nicht genug kann, interessiert keinen. Das ist unsere Verantwortung. Den Staat können Sie da vergessen. Der will nur sparen.

    Beispiel: schöne Noten im 10er Abschluss – aber kein Dreisatz - verloren. Spätestens bei der Bewerbung für die Ausbildung muss „geliefert“ werden. Das ist auch Deutschland.

    Der Leistungsdruck ist doch keine Einbildung. Er ist da. Er wird gemacht. Täglich.

    PS

    Dass Schule „Spaß machen“ soll, steht in keinem Schulgesetz. Das ist der Beruf der Kinder. Das ist Arbeit für die Kinder. Das kann Spaß machen, aber sicher nicht immer. Wie bei den Erwachsenen eben. Je besser man es kann, desto eher ist mit „Spaß“ zu rechnen. Und das ist jahrelange Arbeit – auch der Eltern.

     

    Vergleich mit Finnland – kommt immer wieder gerne – die haben 2 Lehrkräfte pro Klasse mit 16 Schüler/innen (!!!) und die Lehrkräfte nur 23 Wochenstunden. Ergo sit pro Kind 5-mal so viel Zeit. Holen Sie diese Stellen mal raus bei den Ländern – dann sind Sie gut. Dann mache ich mit bei „Inklusion“. Sonst ist das reine Politpropaganda. Hallelujah.

  • Hier prallen sie wieder aufeinander, die Welten - die eine Welt derer, die im unterfinanzierten Schulsystem versuchen, ihre Kinder zu Abschlüssen zu begleiten, mit denen sie dann die gewünschten Berufe lernen können.

    Die anderen, für die "Dabeisein alles" ist, teilweise ohne jede Aussicht auf die Abschlüsse, aber trotzdem ins Gymnasium.

    Hier passiert etwas Neues:

    Wenn dieses "Recht auf Inklusion" auch für öffentliche Gymnasien gilt, dann ist dieses aufgrund der Gleichbehandlung die Einheitsschule - ein nicht schulfähiger Mensch (oft einfach "behindert" genannt) darf aufs GY - dann alle. Eine schulfähige Person darf ja nun nicht etwa benachteiligt werden.

    Also GY als Einheitsschule.

    Das gibt Probleme mit den Bildungsorientierten - denn die personelle Ausstattung wird für die Förderung der nichtschulfähigen nicht reichen. Und dann ist das Lernen der schulfähigen Kinder wegen der mit der Beschulung von nichtschulfähigen in „Regelschulen“ schlechter.

    Das zahlt kein Land - und mit der Schuldenbremse werden Sie es dazu nicht zwingen. Wie denn?

    Die Forderungen an die Länder in Sachen „Inklusion“ werden voll vor die Wand fahren – und die Ministerinnen werden professionelle Konzepte vorlegen, die allesamt vertuschen, dass sie netto sogar Geld sparen – nämlich durch die Liquidierung der Sonderschulen.

    „Normalität“ heißt dann, die Sonderpädagogik als „diskriminierend“ abzuwickeln und den Förderbedarf ggf gar nicht mehr zu diagnostizieren – sio zum Teil NRW im neuen Gesetz – dann wird es keine „nichtschulfähigen“ mehr geben – denn dies braucht eine Diagnose.

  • @Dubiosos

     

    "Mir ist übrigens nicht bekannt, dass dieses System seit 50 Jahren nicht funktioniert."

     

    Deswegen mein "Guten Morgen". Das alte System verstößt nicht nur elementar gegen die UN-Behindertenrechtskonvention und damit gegen geltendes Grundrecht, es hat es auch nicht geschafft, Menschen mit Behinderung adäquat in die Gesellschaft zu integrieren. Da sie mit Sicherheit nicht im entsprechenden Bereich arbeiten oder selbst ein Kind haben mit entsprechenden Status, kann ich nachvollziehen, dass ihnen das nicht bekannt ist. Die Selektion wurde dem deutschen Bürger und später Bundesbürger seit über hundert Jahren anerzogen.

     

    In diversen anderen Industriestaaten ist die Inklusion schon weitaus weiter als in Deutschland. Da begann sie teilweise schon in den 60/70er Jahren. Dort wurden bereits auch schon die besagten Sonderschulen und heute so blumig genannten Förderschulen abgeschafft. Es ist erwiesen das Förderung nur stattfinden kann, indem der Schwächere vom Stärkeren lernt und umgekehrt und eben nicht, wie von Ihnen gemeint zwischen Zweien mit dem geringsten Abstand zwischen Beiden. Das bedeutet pädagogischer Stillstand. ->

     

    http://www.zeit.de/2007/35/B-Sonderschulen

    ...

  • Um es erst mal grundsätzlich zu sehen. Jedes Kind, ob behindert oder nicht, sollte die Möglichkeit haben, Abschluss zu erreichen, zu dem er in der Lage ist. Wenn Henri also das Zeug dazu hat das Abitur zu schaffen, dann sollte seine Behinderung kein Grund sein, ihn abzulehnen.

     

    Allerdings Frage ich mich gerade, ob Henri wirklich das Zeug dazu hat, oder ob es wirklich nur um den Freundeskreis geht. Dann wäre es nämlich schon fraglich, denn Schule sollte Spaß machen. Wenn ein Schüler den Schulstoff aber nicht versteht, dann macht Schule keinen Spaß mehr und dann kann sich eine große Frustration aufbauen, die dazu führt, dass Henri seine Leistungen, die er erbringen könnte, auch nicht mehr abruft.

     

    Um aber wieder etwas genereller zu werden, wäre ich für ein Schulsystem, in dem die Kinder und Jugendlichen bis zum Abschluss der zehnten Klasse zusammen bleiben. Das kann sowohl den Leistungsstarken wie auch den Leistungsschwachen Schülern helfen. Ich denke da zum Beispiel an Lerngruppen, einem stärkeren Zusammenhalt in der Gruppe und und und. Aber okay, dass wäre jetzt eine andere Diskussion.

    • @Sven Buchien:

      "Allerdings Frage ich mich gerade, ob Henri wirklich das Zeug dazu hat, "

       

      Das Zauberwort heißt Inklusive Pädagogik. ;)

       

      Außerdem geht es hierbei nicht um das "Zeug", sondern um das gemeinsame Dabeisein und Lernen. Der Abschluss und damit die Voraussetzung spielen für ihn aufgrund seiner Behinderung eben keine Rolle.

  • Das Problem liegt ganz woanders: Unser dreigiedriges Schulsystem ist auf Separierung der SchülerInnen angelegt. Inklusion ist im Rahmen des dreigliedrigen Schulsystems unmöglich. Deswegen ist die Reihenfolge verkehrt. Zuerst muss das Schulsystem umgewandelt werden in ein System, dass nur noch eine Schule für alle kennt, in der nach den jeweiligen Bildungsbedürfnissen der Einzelnen differenziert wird. Erst danach kann man die Inklusion in Angriff nehmen.

     

    Der hier berichtete Fall zeigt die abstrusen Konsequenzen, die dadurch entstehen, dass man es hierzulande anders herum versucht.

     

    Die Logik, dass die Hauptschule, im Rahmen des dreigliedrigen Schulsystems die richtige Schule für ein geistig behindertes Kind sei, ist ja systemimmanent tatsächlich schlüssig, führt aber dazu, dass die Hauptschule in noch gesteigertem Maße wie bisher schon die Schule für diejenigen wird, die keiner haben will und die Schule, wo niemand hin will, weil sich hier alle gesellschaftlichen und persönlichen Probleme ballen, ohne dass die Schule angemessen darauf eingehen könnte.

     

    Im übrigen dürfte ein geistig Behindertes in der Hauptschule die schlimmsten Ausgrenzungserfahrungen machen, denn dort sind ja schon all die sozial Ausgegrenzten, deren Selbstwertgefühl so sehr geschädigt ist, dass sie der Verlockung, endlich doch noch eine Gruppe zu haben auf die man treten kann, nur allzu häufig erliegen wird.

     

    Also: Zuerst grundlegende Schulreform, dann Inklusion. Sonst wird wird Inklusion Murks zum Schaden derjenigen die inkludiert werden sollen.

  • Ich habe die Diskussion erst jetzt mitbekommen, aber so weit ich sehe hat der Junge keine Gymnasialempfehlung und er wird wahrscheinlich gar keinen Schulabschluss schaffen, so die derzeitige Prognose. Da frage ich mich schon, was er an einem Gymnasium soll und was das mit Inklusion zu tun hat.

     

    So lange wir das mehrgliedrige Schulsystem haben, werden die Schüler nach der Grundschule nach leistung separiert. Dieses trennungsprinzip kann (und sollte man, meiner Meinung nach) gerne kritisieren, aber dann doch bitte generell und nicht nur für Kinder mit Behinderungen. Das betrifft ja auch jedes andere Kind, das von seinen freunden getrennt wird nach der Grundschule.

     

    Aus sozialer Sicht fände ich es auch grausam, den Jungen auf das Gymnasium zu schicken: Dort würde er doch jeden Tag mit dem riesigen Abstand zu seinen klassenkameraden konfrontriert. Warum ihn nicht auf eine Schule schicken, wo der Abstand wenigstens so gering wie möglich ist?

     

    Und wenn man ihn annimmt, wie kann man denn dann irgendjemand den Gymnasialbesuch verwehren? Also ich könnte es gut verstehen, wenn alle Eltern von Realsschulen dann auf die Barrikaden gehen, wenn ihre Kinder intelligenter sind und trotzdem nciht aufs Gymnasium dürfen, weil sie eben keine Behinderung haben.

    Also gerecht oder sinnvoll erscheint mir das in keiner Weise, den Jungen auf ein gymnasium zu schicken. Die soziale Integration kann es ja nun auch nicht sein, schließlich verliert der Junge jetzt auch seine ganzen bezugspersonen, die schließlich die Schule wechseln.

    • @Dubiosos:

      Also wie ich lese haben sie den Begriff Inklusion überhaupt nicht verstanden. Bei einem entsprechenden Handycap und auch das lassen sie hier völlig außer Acht, spielt eine Empfehlung überhaupt keine Rolle! Das sie hier mit irgendwelchen Eltern von leistungsschwacheren Kindern argumentieren, ist schon etwas arm.

       

      "Warum ihn nicht auf eine Schule schicken, wo der Abstand wenigstens so gering wie möglich ist?"

       

      Weil das System seit über 50 Jahren eben nicht funktioniert und versagt hat - Guten Morgen!

       

      "Und wenn man ihn annimmt, wie kann man denn dann irgendjemand den Gymnasialbesuch verwehren?"

       

      Ganz einfach, über den entsprechenden Behindertenstatus mit Sonderzeichen. Also ein bisschen sollten sie sich schon informieren, bevor sie kommentieren.

      • @Akula:

        Also da ich in meinem Beitrag nicht beleidigend war und mehr Interesse an einem sachlichen Austausch habe, würde ich das selbe von Ihnen verlangen. Demokratie muss auch andere Meinungen aushalten.

         

        Es mag sogar stimmen, dass ich es nicht verstanden habe. Aber ihre Äußerungen bringen auch kein Argument, so dass ich es könnte. Ich würde es tatsächlich versuchen zu verstehen.

         

        Ich kann beispielsweise nicht nachvollziehen, warum eine Schulempfehlung denn plötzlich keine Rolle spielen soll (ob sie jetzt verbindlich ist oder nicht). Bei körperbehinderten Kindern macht es doch gar keinen Sinn, dass die Empfehlungen plötzlich wertlos sein sollen, schließlich können diese trotzdem von ihrer Leistung her entweder auf eine Werkrealschule gehören oder halt auf ein Gymnasium, so wie das bei allen anderen Kindern ja auch der Fall ist.

         

        Mir ist übrigens nicht bekannt, dass dieses System seit 50 Jahren nicht funktioniert. im Gegenteil ist Inklusion doch recht neu, früher war ja das ausschließliche Förderschulkonzept vorhanden. Insofern gibt es da doch jetzt noch gar keine Erfahrungen, auf die man sich empirisch stützen kann.

         

        Es leuchtet mir einfach nicht ein, warum man einen geistig behinderten, der laut Prognose keinen Schulabschluss machen wird, auf ein Gymnasium schicken möchte. Was ist denn dabei der Vorteil gegenüber des Besuchs einer Werkrealschule?

         

        Ich kann irgendwie die Argumentation nicht nachvollziehen, dass mit dem Behindertenstatus dann plötzlich keine Regeln mehr gelten sollen und warum mein Vergleich mit leistungsschwachen Schülern so falsch sein soll. Jemand kann auch behindert und leistungsschwach sein. Jemand kann auch behindert und leistungsstark sein.

         

        Für mich bedeutet Inklusion, dass man Menschen mit Behinderungen nicht auf Grund ihrer Behinderungen ausgrenzt und in ein komplett anderes Schulsystem abschiebt. Aber die Werkrealschule ist ja auch Teil der Regelschule, warum also nicht dort? Wird das die Inklusion nicht erleichtern?

        • @Dubiosos:

          Fakt ist, laut Grundrecht hat jede Schule für den Zugang für Menschen mit Behinderung aller Art zu sorgen. Für den Deutschen mag das wieder unfassbar unrealistisch klingen. Aber in Italien z.B. seit Jahrzehnten Standard. Zur Inklusion gehört natürlich auch eine entsprechende Sonderpädagogische Betreuung rund um die Uhr sowie eine individuelle Bildung für jede Person. Aber die sollte auch für jeden Standardschüler zur Norm werden.

           

          Die Zeichenbegrenzung ist ein Teil weswegen ich versuche mich kurz zu halten. Und das war schon kurz. Ich lese hier auf taz schon lange mit, bin aber als Nutzer noch neu. Scheinbar vergisst er bei Überschreiten der Zeichen die "Beantwortung" und haut die Antwort als normales Posting raus. Schöner Salat. Sorry.

        • @Dubiosos:

          @Dubiosos

          ...

           

          "Es leuchtet mir einfach nicht ein, warum man einen geistig behinderten, der laut Prognose keinen Schulabschluss machen wird, auf ein Gymnasium schicken möchte."

           

          Das muss ihnen auch nicht einleuchten und kann ihnen egal sein. Letztlich ist es auch egal, ob der junge Mann an eine Gemeinschaftsschule oder an ein Gymnasium geht - an eine der Beiden Schulformen wird er gehen und das geht sie nichts an, sondern der Junge selbst gemeinsam mit seinen Eltern, weil sie die Erziehungsberechtigten sind. Ich entscheide ja auch nicht, was besser für sie wäre und ob sie dort oder dort hinzugehen haben. Es geht hier bei auch nicht um den Abschluss, sondern um die wertvolle Zeit auf dieser Schule, von der dieser junge Mann enorm profitieren wird. Und das weiß ich aus eigener Praxis. Würden sie nur 15 Jahre unter 6 jährigen Jungen leben, würden aber weiter wachsen, hätten sie auch verdammt große Probleme, sich plötzlich in der realen Welt zurecht zu finden, womöglich noch eine Freundin kennenzulernen.

           

          "Was ist denn dabei der Vorteil gegenüber des Besuchs einer Werkrealschule?"

           

          Ganz einfach, es gibt dort innerhalb eines größeren Umkreises der Familie diesen relativ neuen Schultypus nicht.

           

          Außerdem kann ein entsprechendes erhöhtes Schulniveau entsprechend föderativer für den Gehandycapten sein. Aber das sind individuelle Einzelabwägungen der Personen vor Ort. Und dadurch dass das Kriterium Schulabschluss nichtig wird und es um die Schulzeit an sich geht, ist es ehrlich gesagt auch egal, ob Gymnasium oder Realschule oder Gemeinschaftsschule.

           

          ...

        • @Dubiosos:

          @Dubiosos

           

          "Es geht um Menschenrechte

           

          Inklusion ist also kein Expertenthema. Es ist ein Thema, das die Zustimmung Aller erfordert und deshalb gesamtgesellschaftliche Bedeutung besitzt. Einen wichtigen Meilenstein markiert die UN-Behindertenrechtskonvention, die in Deutschland im Jahr 2009 in Kraft trat. Damit sind die Forderungen des internationalen Übereinkommens rechtlich verankert. Das reicht allerdings nicht aus. Um Denken und Handeln zu verändern, bedarf es weitaus mehr. Es muss auch jedem bewusst sein, wie wichtig Inklusion für das gesellschaftliche Miteinander ist. Sie kann nur dann gelingen, wenn möglichst viele Menschen erkennen, dass gelebte Inklusion den Alltag bereichert."

           

          Ich erkläre vieles auch gerne mit eigenen Worten, aber es gibt Themen, die sind bewusst schon gut verarbeitet und zusammengestellt worden, dass ich das definitiv nicht besser könnte.

           

          "Ich kann beispielsweise nicht nachvollziehen, warum eine Schulempfehlung denn plötzlich keine Rolle spielen soll (ob sie jetzt verbindlich ist oder nicht)."

           

          Ich schrieb hier natürlich von entsprechend geistig beeinträchtigten Menschen. Mich wundert jedoch, dass ihnen das nicht klar ist, hat doch eine reine Beeinträchtigung der Körperfunktion keinen negativen Einfluss auf den Lerneffekt. Ein geistiges Handycap jedoch schon. Es sind ganz andere Voraussetzungen und Benachteiligungen.

           

          ...

        • @Dubiosos:

          "würde ich das selbe von Ihnen verlangen."

           

          Ich wüsste nicht wo ich beleidigend oder unsachlich war. Ich denke eher, ihr Gemüt ist etwas zu zart besaitet, was jedoch nicht mein Problem ist. Konzentrieren sie sich lieber auf den Inhalt dieser Diskussion, als auf Nebenschauplätze.

           

          "Demokratie muss auch andere Meinungen aushalten"

           

          Dann sollten sie bei sich anfangen. Aber wenn sie scheinbar schon jedes Quäntchen beleidigt, dann kann das nichts werden. ;) So back to Topic.

           

          "Aber ihre Äußerungen bringen auch kein Argument, so dass ich es könnte."

           

          Da haben sie vollkommen recht. Ich ging davon aus, dass sie sich selbst ins Thema einlesen können. Immerhin steht es gut beschrieben auf Seiten wie Wikipedia unter "Inklusion" und "Inklusive Pädagogik". Ansonsten empfehle die Adresse http://www.inklusion-online.net/index.php/inklusion-online/issue/view/21

           

          Wenn sie kurz und knapp wissen wollen, was Inklusion bedeutet, verweise ich auf die Aktion-Mensch:

           

          "Was macht den Reichtum einer Gesellschaft aus? Wirtschaftliche Macht? Politische Sicherheit? Oder kulturelle Vielfalt? Es ist von jedem etwas. Dennoch: Eine Gesellschaft besteht aus Menschen. Und sie sind es, die das Wohl einer Gesellschaft prägen – und zwar in allen wichtigen Lebensbereichen.

          Um nichts anderes geht es bei Inklusion: Jeder Mensch erhält die Möglichkeit, sich vollständig und gleichberechtigt an allen gesellschaftlichen Prozessen zu beteiligen – und zwar von Anfang an und unabhängig von individuellen Fähigkeiten, ethnischer wie sozialer Herkunft, Geschlecht oder Alter.

           

          ...

    • @Dubiosos:

      Die Schulempfehlung ist in B-W abgeschafft worden. Rein faktisch kann und darf jeder Schüler aufs Gymi, so es die Eltern wünschen. Ob das immer gut und dem Kind zuträglich ist, sei mal dahingestellt. Die ersten bleiben dann möglicherweise ab der 5. Klasse sitzen.

      Solange es das Gymnasium als separate Schulform gibt, wird sich eine wirkliche Gemeinschaftsschule für "alle" Kinder, wie es z.B. in den Waldorfschulen seit vielen Jahren praktiziert wird leider nicht geben.

  • Okay, damit ist klar:

    Die Debatte um den verlorengehenden Freundeskreis ist nur vorgeschoben wurden.

    Da wollen einige Eltern nicht, dass ihr Söhnchen mit den Proleten und Migranten auf die Hauptschule gehen muss. Man ist doch schließlich wer. Da gehört auch das Kind aufs Gymnasium wie alle Bürgersöhnchen.

    Wäre es um Freunde gegangen, dann hätte er wenigstens ein paar behalten, die jetzt aus seiner bisherigen Klasse zur Hauptschule gehen. Aber die sind wahrscheinlich nicht der richtige Umgang für ihn der Meinung seiner Eltern nach.

    • @Age Krüger:

      Das ganze Theater wird nächstes Jahr wiederholt. Wetten?