Initiative „Volksentscheid Fahrrad“: Das Radgesetz lebt
Die Volksentscheid-Initiative gibt sich trotz des Rechtsgutachtens zum Berliner Radgesetz optimistisch. Beanstandete Punkte ließen sich smart lösen.
Ist das Berliner Radgesetz tot? Nach der Veröffentlichung des Rechtsgutachtens, das noch die alte Senatsverwaltung für Stadtentwicklung unter Andreas Geisel (SPD) in Auftrag gegeben hatte, um Bedenken gegen das Radgesetz der Initiative „Volksentscheid Fahrrad“ auszuloten, gibt es sorgenvolle bis hämische Stimmen, die das behaupten. Ganz anders die InitiatorInnen selbst: Sie sprühen vor Zuversicht, dass sie in Zusammenarbeit mit der neuen Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz schon bald ein modifiziertes Radgesetz auf den Weg bringen werden. „Wir sind total optimistisch“, so ein gut gelaunter Heinrich Strößenreuther vom „Volksentscheid Fahrrad“.
Zwar wollen die Anmelder des Volksbegehrens das Gutachten noch in Ruhe prüfen, die Expertise der Kanzlei, aus der die Stellungnahme stammt, ziehen sie aber nicht in Zweifel. Dabei sind die Argumentationslinien für juristische Laien nur schwer nachvollziehbar: Die beanstandete Unvereinbarkeit einzelner Radgesetz-Paragrafen mit der Straßenverkehrsordnung (StVO) – die Bundessache ist – ergibt sich meist gar nicht aus dem Wortlaut der Gesetzestexte, sondern aus dem Verweis auf die bisherige Rechtsprechung. Hier dürfte es zumindest Interpretationsspielräume geben.
Die Hauptkritik der Initiative im Zusammenhang mit dem Gutachten richtet sich gegen die vorige Senatsverwaltung: Die habe den externen Anwälten lediglich den Auftrag erteilt, nach Unvereinbarkeiten zu suchen – und nicht nach möglichen Kompromissen, etwa in Form alternativer Formulierungen. Andererseits, so Mitinitiatorin Kerstin Stark, sei der „Löwenanteil“ des Radgesetzes „unbeanstandet“ geblieben. Bei den monierten Punkten – wie den 350 Kilometer einzurichtenden Fahrradstraßen – müsse nun wohl „Straßenrecht statt Straßenverkehrsrecht“ zur Anwendung kommen, um die Ziele des Gesetzes zu gewährleisten.
Dann eben Poller
Der Unterschied liegt darin, dass nach Auffassung der Gutachter der Landesgesetzgeber nicht einfach die Ausweisung einer bestimmten Zahl von Radstraßenkilometern pro Jahr durch Ausschilderung nach StVO anordnen kann. Dagegen seien „smarte bauliche Maßnahmen“ wie Poller, die den Autoverkehr einschränkten, juristisch unbedenklich, sagt Heinrich Strößenreuther. Ob solche Maßnahmen, die erheblich teurer sein dürften als die bislang angedachte Ausschilderung, im Sinne des Senats sind, steht auf einem anderen Blatt.
Die Initiative erwartet jetzt, dass schon Anfang Februar die Verhandlungen über ein funktionierendes Radgesetz mit Senatorin Regine Günther (parteilos, für Bündnis 90/Grüne) und ihrer Verwaltung aufgenommen werden. Günthers Sprecher Matthias Tang wollte sich auf keinen Termin festlegen, bestätigte der taz aber, dass die Verwaltung „mit Hochdruck“ an einem Gesetzentwurf arbeite. Er gehe davon aus, „dass die Initiative Ende dieses Monats Bescheid erhält“, so Tang.
Tatsächlich steht im „100-Tage-Programm“ des rot-rot-grünen Senats: „Im Dialog mit dem Volksentscheid Fahrrad und weiteren Verbänden wird ein Radverkehrsgesetz als erster Baustein eines Mobilitätsgesetzes auf den Weg gebracht.“ Wie zu hören war, könnte ein juristisch „sauberes“ Gesetz die konkreten Forderungen wie Radstraßenkilometer aus dem Gesetz selbst in einen angehängten „Maßnahmenkatalog“ verlagern. Dann müsste der „Volksentscheid Fahrrad“ nur noch bereit sein, für eine solche Lösung die Anmeldung zum Volksbegehren zurückzuziehen.
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