Industriepolitik in Berlin: Wirtschaft unter Strom
Die neue Chefin von Berlin Partner will mit Elektromobilität die hiesige Ökonomie ankurbeln.
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Die Wirtschaftsförderung erhofft sich von der Elektromobilität entscheidende Impulse für den Standort Berlin. Die Gesellschaft "Berlin Partner" habe Projekte mit einem Volumen von 100 Millionen Euro gesammelt, die im Januar als Bewerbung für das "Schaufenster Elektromobilität" eingereicht würden, sagte die neue Geschäftsführerin Melanie Bähr am Mittwoch. In diesem bundesweit ausgeschriebenen Wettbewerb will die Bundesregierung aus etwa 40 Konkurrenten fünf Modellregionen für neue Mobilitätslösungen auswählen. Für die Sieger gibt es bis zu 180 Millionen Euro Fördermittel.
Berlin und Brandenburg planten mit einem Bundesanteil von 25 Millionen Euro, sagte Bähr. Weitere 25 Millionen Euro wolle das Land beisteuern, der Hauptanteil von 50 Millionen Euro komme von Unternehmen. Wie viel Geld Brandenburg beisteuert, wird derzeit noch verhandelt. Bei den Projekten gehe es sowohl um neue technologische Lösungen als auch um die Erprobung neuer Mobilitätskonzepte, sagte Bähr.
Die 35-Jährige hat im Oktober die Nachfolge von René Gurka angetreten. Dem war unter anderem vorgeworfen worden, gegen das öffentliche Vergaberecht verstoßen zu haben. Außerdem hatte er seinen Lebenslauf gefälscht. Bähr kommt von der Industrie- und Handelskammer (IHK), wo sie den Bereich "Recht & Fair Play" geleitet hatte. Bei der Jahresbilanz würdigte sie indirekt die Arbeit ihres Vorgängers: Mit 159 Projekten hätten die Wirtschaftsförderer in diesem Jahr deutlich mehr Ansiedlungen oder Standorterweiterungen gefördert als im Vorjahr, sagte Bähr. Damals waren es 105 gewesen. Ihr Resümee: "Berlin wächst."
Die geförderten Unternehmen hätten zugesichert, innerhalb von drei Jahren mehr als 6.900 Arbeitsplätze zu schaffen und 355 Millionen Euro zu investieren. Damit stieg die Zahl der akquirierten neuen Jobs gegenüber dem Vorjahr um rund 2.400 und die Investitionssumme um 108 Millionen Euro. Dabei handelt es sich lediglich um die Arbeitsplätze, die quasi unter der Aufsicht von "Berlin Partner" geschaffen werden sollen. Branchen wie der Handel oder Existenzgründungen werden nicht berücksichtigt. Ein Drittel dieser neuen Jobs sollen in der Industrie entstehen - für Bähr ist das ein gutes Zeichen. "Berlin wird wieder als Industriestandort wahrgenommen", sagte sie - bekannte aber, dass Kreativwirtschaft, Medien und Dienstleistungsberufe nach wie vor mehr Investoren anlocken.
Die jüngst verkündete Pleite des Modulherstellers Solon schwächt nach Ansicht der Wirtschaftsförderin den Standort nicht nachhaltig. "Wir sind im Cluster Energietechnik breit aufgestellt", sagte Bähr. Außerdem sei eine Insolvenz nicht der letzte Zapfenstreich, sondern ein Versuch, ein Unternehmen wieder auf die Füße zu stellen. Am Rande der Pressekonferenz sagte ein Sprecher, derzeit seien kaum Informationen aus dem Unternehmen zu bekommen - der Insolvenzverwalter halte den Deckel geschlossen. Solon hatte in der vergangenen Woche Insolvenz angemeldet. Das Unternehmen mit hunderten Beschäftigten in Adlershof war seit Jahren in Schwierigkeiten.
"Wir haben Firmen, die nachkommen", sagt Bähr. So habe der Modulhersteller Global Solar Energy im Sommer ein Werk in Adlershof in Betrieb genommen und 60 Beschäftigte eingestellt. Weitere 100 Arbeitsplätze seien 2012 geplant.
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