jenni zylka über Sex & Lügen: In der Urlaubsfalle
Wenn man aus Versehen den Bus bumsen will: Wie der Kurzflirt im Ausland schief gehen kann
„Und was macht ihr, wenn ihr keine Auftritte habt?“ fragte die langweilige Off-Stimme jüngst in einem ARD-Beitrag über „die Ferieninsel Jamaica“ zwei große, dunkelglänzende jaimakanische Tänzer. „We jig“, antworteten die beiden kurz.
Jigging, das bedeutete in diesem Fall Urlauberinnen aufreißen. Urlauber und Urlauberinnen, fernab vom heimatlichen Kindergekröse, Ehepartnergejammer und Arbeitsgelumpe, lassen sich ihren Aufenthalt in der Fremde gerne durch ein bisschen Hautkontakt versüßen. Recht simpel und durchführbar ist dieses Ansinnen in Florida oder auch auf Ibiza. In Florida braucht es nicht dazu mehr als eine Bauchmuskeldefinition, auf der man Xylofon spielen kann, und ein wenig Verständnis für das bekloppte Spiel Beachvolleyball.
Auf Ibiza ist es noch leichter: Man saugt einfach an einem der langen, klebrigen Strohhalme, die aus der süßen Sangria-Bowle ragen. Und schon hat man sieben Kosmetikerinnen- und Zahntechniker-Azubi-FreundInnen mehr, mit der Option auf ein gemeinsames Bierfrühstück und ein späteres Treffen bei der Hautkrebstherapie.
Aber wie ist das in Ländern, deren Sprache eine von diesen komischen, unlernbaren ist? Die man auch nach wochenlangem Aufenthalt skandalöserweise immer noch schlechter spricht als jedes hergelaufene, anderthalbjährige Kind? Nehmen wir Polen. In Polen wird, wie in vielen exsozialistischen Ländern, am meisten bei der Arbeit geflirtet. Zum Beispiel im Bus. Mit dem Busfahrer. Der Busfahrer ist um die 30, blond und schlitzohrig, und ich bin sein einziger Fahrgast. Den Blickkontakt (über seine Innenraum-Rückspiegel) stehen wir noch international-wortlos durch. Doch dann: Wie gehe ich ans Eingemachte?
„Guten Tag. Ich . . . heiße . . . Jenni. Ich . . . bin . . . Journalistin“, sage ich auf Polnisch. Er sagt: „Guten Tag. Ich heiße Marek. Ich bin Busfahrer.“ Tja. Darauf fällt mir erst mal nichts ein. Jedenfalls nicht auf Polnisch. Und damit ist unser lauwarmer Flirt zu Ende, aus dem ich als langweilige Angeberin hervorgehe.
Auch andere Sprachen haben Tücken. Meine Freundin hat in Mexiko mal aus Versehen mit einem behaarten Gaucho geflirtet. Sie dachte, auf Spanisch „Ich möchte gerne den Bus um neun Uhr nehmen“ gesagt zu haben. In Wirklichkeit hatte sie ihm mitgeteilt, dass sie den Bus um neun Uhr gerne bumsen würde. Der Mexikaner, nicht faul, packte die Gelegenheit beim Schopfe und fragte: „Warum den Bus? Warum nicht mich?“
Unklarheiten gibt es nicht nur wegen des Turmbaus zu Babel. Auch aufgrund der unbekannten Sitten und Gebräuche kann man beim abenteuerlichen Fremdflirten hervorragend auf die Klappe fliegen. Im kleinen Land Vatikan, nur als Beispiel, ist es durchaus üblich, ein paar Jahre verheiratet zu sein, bevor man sich das erste Mal im biblischen Sinne erkennt. Daran sollte man denken, wenn man dorthin fährt, um wild und gottlos in der Gegend herumzubasteln. Und solange ich denken kann, taucht immer wieder das Gerücht auf, dass die Eskimos einem ihre Ehefrau als Gastgebergeschenk ins Bett legen, wenn man das erste Mal in deren Iglu übernachtet. Wobei ich eigentlich ziemlich sicher bin, dass jene Sitte aus dem Fehltritt einer Eskimofrau entstanden ist, die nach ihrem aufgeflogenen Techtelmechtel mit einem aufregenden Grönlandforscher eine gute Entschuldigung brauchte und ihrem Hornochsen von Ehemann genau diese Geschichte als „altes, ost-eskimoisches Ritual“ aufgebunden hat.
Es kommt eben nicht nur darauf an, was man versucht zu sagen, sondern auch, wie man es versucht zu sagen. Ein befreundeter Journalist, der neulich in Spanien Zeltferien machte, wollte sich dort unbedingt mit dem Mädchen von Kasse vier des Supermarkts verabreden, in dem er jeden Tag Wasser, Bier und Dosenessen kaufte. Weil der Mann kein Wort Spanisch sprach, malte er ihr einen kleinen Zettel mit einer Uhr, die auf 18.30 Uhr (Ladenschluss in dem kleinen Dörfchen) stand, einer Kanne, zwei Tassen und einem Fragezeichen. Und keine drei Minuten später brachte ihm die Verkäuferin eine Armbanduhr und ein Kaffeeservice.
In Acht nehmen sollte man sich nur vor dieser albernen Idee, eine solche Affäre mit nach Hause zu retten. Das ist ungefähr so wie beim Saunaflirten: Man denkt, man hat alles ausgecheckt, wenn man sich nackicht und verschwitzt im Dampf gegenüber sitzt. Dabei kann das Schlimmste noch kommen, wenn er/sie angezogen ist.
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