Impfaktion im Berliner Samariterkiez: „Es geht um das Miteinander“

Für die Unterstützung während des Lockdowns bedankt sich die Revolte Bar mit einer Impfaktion. Bar-Betreiber Hanschke erzählt, wie das geht.

Ende Mai in der Revolte Bar: 50 Menschen wurden geimpft. Jetzt kommt der nächste Schlag Foto: dpa

taz: Herr Hanschke, Ihnen gehört die Revolte Bar in der Samariterstraße in Berlin-Friedrichshain. Wie haben Sie den Lockdown überstanden?

Hannibal Hanschke: Wir haben nur durch die Unterstützung der Nachbarn und Gäste überlebt. Wir haben keinen Cent Subventionen bekommen, weil unsere Bar keine kommerzielle Bar ist.

Sondern?

Wir sind eine Art Wohnzimmer für den Kiez, im Mittelpunkt steht das Miteinander. Wir haben nur drei Tage am Wochenende auf, es gibt Kultur und Konzerte. Wir arbeiten kostendeckend, lediglich die Leute, die hinter dem Tresen stehen, bekommen einen Stundenlohn. In der Coronazeit ist uns das auf die Füße gefallen.

Wie meinen Sie das?

Man muss mindestens 51 Prozent seines Einkommens mit der Bar bestreiten, um eine Förderung zu bekommen. Stammgäste und Freunde haben uns dann Geld gespendet, Einzelpersonen haben zum Teil ganze Monatsmieten übernommen. Ich war vollkommen überwältigt, dass wir so ein Feedback bekommen für unser Wohnzimmer. Es gab auch Crowdfunding über Plattformen, da sind bestimmt noch mal zwei oder drei Monatsmieten zusammengekommen.

Wie hoch ist die Miete?

Knapp 1.000 Euro im Monat. Im April haben wir dann in der Bar eine Covid-19-Bürgerteststelle eingerichtet. Auch damit haben wir unsere Miete finanziert und jetzt sind wir weiterhin Teststelle. Tagsüber bis 17 Uhr wird getestet und am Wochenende macht abends der Barbetrieb auf. Das läuft strikt getrennt voneinander. Mit einem unserer Gäste, Steffen Lüder, haben wir jetzt die Dankeschön-Aktion entwickelt. Lüder ist Kinderarzt in Hohenschönhausen. Er wohnt keine 1.000 Meter von hier und leitet in der Revolte Bar die Teststelle.

Wie genau ist nun der Plan?

(47) ist von Beruf Fotograf. Die Revolte Bar in der ­Samariterstraße in Friedrichshain betreibt erseit sechs ­Jahren.

Über Apotheken und Kollegen ist es Steffen Lüder gelungen, eine größere Charge des Johnson-&-Johnson-Impfstoffs zu besorgen. Als Dankeschön für die Unterstützung bieten wir den Leuten in der Nachbarschaft jetzt eine Impfung an.

Wie viel Impfstoff gibt es?

Wir haben 200 Spritzen zur Verfügung. Vor zwei Wochen hatten wir schon einen kleinen Testlauf mit 50 Spritzen. Das hat so viel Mundpropaganda erzeugt, dass wir jetzt vor E-Mails mit Anfragen förmlich überrannt werden. Wenn wir noch mal eine große Ladung bekommen, machen wir gerne auch weiter. Aber wir begrenzen uns auf die Nachbarschaft.

Wie gehen Sie vor?

Wir haben das Angebot über das Nachbarschaftsportal gepostet, das können nur die Leute lesen, die hier in den Straßen wohnen. Sie schreiben uns eine Mail mit ihren Daten und wir verteilen dann Slots. Die Leute müssen auf der Liste stehen, es bringt nichts, wenn jemand auf gut Glück vorbeikommt. Die Impfungen selbst führen Doktor Lüder, mit ihm befreundete Ärzte und medizinisches Personal durch. Das geschieht in der Revolte Bar, alle machen das pro bono.

Wann findet das Ganze statt?

Bald. Das Datum sollte besser nicht in der Zeitung stehen. Bei der ersten Impfaktion hat das solche Kreise gezogen, dass sich sogar Leute aus Charlottenburg gemeldet haben. Das war nicht unser Ansinnen.

Um was geht es Ihnen bei der Aktion?

Wir machen keinen Unterschied, ob jemand gespendet hat, wir gucken danach, dass die Leute hier wohnen. Das ist so eine schöne Kette, wenn man bedenkt, dass wir vor sechs Jahren mal mit der Idee angefangen haben, das ist unser Wohnzimmer. Wir geben etwas zurück an die Nachbarschaft. Das ist unser Beitrag an die Gemeinschaft.

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