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Immer mehr Angebote für LeihräderDie Rad-Bewegung kommt

Städte und Kreise erweitern ihr Bus-&-Bahn-Angebot - mit öffentlichen Rädern, die sich leihen lassen. Der Bund gibt für diese Verleihsysteme 12,7 Millionen Euro.

Immer mehr Städte entwickeln Konzepte für öffentliche Fahrräder. Bild: dpa

BERLIN taz | Leben ohne Auto wird einfacher. Beispiel Kassel. Gunnar Polzin leitet in der hessichen Stadt das Straßenverkehrsamt. Er erklärt: "Wir werden 500 Leihräder an 50 Stationen auf die Straße stellen." Diese werden sich vom Fleck weg buchen lassen. Voraussetzung: Man hat ein Einzel- oder Monatsticket für den Kasseler Nahverkehr. Auf dem steht eine Nummer. Diese wählt man per Handy - und bekommt den Öffnungscode fürs elektronische Schloss. Eine halbe Stunde Fahrt soll kostenlos sein.

Kassel ist einer von 15 Gewinnern des Ideenwettbewerbs "Innovative öffentliche Fahrradverleihsysteme", die SPD-Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee am Montag gekürt hat. 44 Städte hatten in den letzten Monaten Konzepte entwickelt, damit Touristen und Einheimische aus der Bahn oder dem Bus aus- und aufs Rad aufsteigen können.

Zwar hat schon in den vergangenen sechs Jahren die Zahl der Wege, für die die Bundesbürger das Rad nehmen, um 17 Prozent zugenommen. Das zeigt die neue Studie Mobilität in Deutschland des Bundesverkehrsministeriums, für die das Infas-Institut für angewandte Sozialwissenschaft im vergangenen Jahr 50.000 Leute befragt hat. Aber noch immer ist das Auto hierzulande das Verkehrsmittel schlechthin.

Dabei gibt es längst Velos, die sich minutenweise mieten lassen. Die silberroten "Call a bikes" der Deutschen Bahn rollen etwa in Hamburg, Frankfurt oder München. Doch bisher fehlte die Verbindung zu den Tarifsystemen des Nahverkehrs vor Ort. Das soll sich nun ändern. Kassel und sieben weitere Städte erhielten vom Bundesverkehrsministerium am Montag nicht nur eine Auszeichnung, sondern insgesamt auch 12,7 Millionen Euro, damit die Rad-Bewegung kommt. Mainz, Nürnberg und Saarbrücken sind genauso dabei wie Dresden, der Landkreis Ostvorpommern, die Metropolregion Ruhr und Stuttgart. Polzin aus Kassel sagt: "Unser Leihsystem steht im Frühjahr 2010."

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3 Kommentare

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  • S
    Seb

    In Leipzig haben wir seit kurzem auch ein "Netz" von Mietfahrrädern, hier werden sie allerdings privat betrieben. Dabei sind mir vor allem drei Dinge aufgefallen, die den Erfolg eines solchen Projekts potenziell gefährden könnten:

     

    1. Preis:

    Zumindest hier ist die Miete unglaublich teuer. Eine Stunde kostet 1 €, ein Tag 8 €. Wenn ich bedenke, dass man für ab 60 € ein halbwegs vernünftige Rad bekommt, ist der Preis einfach zu hoch.

     

    2. Integration ins Tarifmodell:

    Schön wäre es auch, wenn die Mietfahrräder ins Tarifmodell de Verkehrsverbundes integriert würden. Ich könnte mir ein System vorstellen, bei dem eine Monatskarte in gewisser Weise eine "Flatrate" für die Miete beinhaltet, und sonst ein Kinderticket benötigt wird.

     

    3. Standorte:

    In der Innenstadt ist der ÖPNV in der Regel gut ausgebaut. Interessant werden Mieträder daher besonders am Rand von Ballungsräumen, wo eine gewisse Strecke bis zur nächsten Haltestelle zurückgelegt werden muss. Existieren hier keine Fahrradstationen bzw. ist es nicht möglich ein Rad auch in der Nähe der Wohnung abzustellen, wird das Mietsystem wenig Anklang finden.

  • SK
    Susanne Kiesewetter

    Die Koppelung der neuen Fahrradleihsysteme an den öffentlichen Personennahverkehr halte ich für einen entscheidenden Vorteil! Bereits in den letzten Jahren sind vergleichbare Leihradsysteme in Lyon oder Paris installiert worden, die auch die erste halbe Stunde kostenlos nutzbar sind. Sie haben geradezu einen Boom erlebt und werden von der Bevölkerung wie von Touristen sehr gut angenommen.

    Das DB Leihradsystem erreicht be weitem nicht einen so hohen Nutzungsgrad und eine solche Präsenz in den Städten. Ich glaube, hier bilden der höhere Preis für die Fahrzeit und ein relativ aufwändiges Bedienungssystem noch eine Hemmschwelle. Insofern kann es nicht als ein Ersatz für die stationären Leihsysteme, sondern bestenfalls als ein Einstieg in die "Radbewegung" gelten.

  • R
    Radlerin

    Tolle Sache - wäre noch toller, wenn sowohl ÖPNV als auch Bahn auf Fahrgäste mit eigenem Fahrrad vorbereitet wären. Ich wünsche mir: Fahrradabteile, in denen man nicht 4 bis 10 ander Fahrgäste bitten muss, aufzustehen, um das Rad irgendwie rein udn aus dem Weg zu bekommen; Nahverkehrszüge, in denen Zugpersonal den Ein- udn Ausstieg der Fahrräder je nach Aufkommen und Fahrziel der Radler koordiniert (habe ich bei einer privaten Regionalbahn erlebt)und auch ein Fahrradanhänger nicht zu Ratlosigkeit führt; das wäre schön. Dann müsste ich mir auch gar kein Rad leihen, sondern könnte mein Eigenes mitnehmen...