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Im Schatten der HaasenburgPotsdam schließt Landesjugendamt

Der Skandal um die geschlossenen Heime habe mit der „Modernisierung der Verwaltung“ nichts zu tun. Der Belegungsstop bleibt vorerst bestehen.

Vorläufig gibt es keine weiteren Belegungen hier im Haasenburg-Heim in Neuendorf. Bild: dpa

COTTBUS/POTSDAM dpa | Brandenburgs rot-rote Landesregierung hat grünes Licht gegeben für die Auflösung des Landesjugendamtes. Die Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe sollen vom 1. Januar 2014 an vom Jugendministerium in Potsdam übernommen werden, teilte die Staatskanzlei am Dienstag nach der Kabinettssitzung mit. Damit soll die Verwaltung in Brandenburg verschlankt und modernisiert werden.

Das Landesjugendamt war in den vergangenen Wochen durch Misshandlungsvorwürfe gegen die Haasenburg-Heime in den Fokus geraten. Die Strukturveränderungen stünden damit jedoch nicht in Zusammenhang betonte Bildungs- und Jugendministerin Martina Münch (SPD) in Potsdam.

Das Verwaltungsgericht Cottbus wird zunächst keine Entscheidung zum Belegungsstopp für die umstrittenen Haasenburg-Heime treffen. Das Gericht sei darum gebeten worden, sagte ein Sprecher am Dienstag.

Hintergrund seien Gespräche zwischen der Haasenburg GmbH und dem nun aufzulösenden Landesjugendamt. Mit Rücksicht darauf solle das Eilverfahren zunächst zurückgestellt werden. Die Heim-Betreiberin wehrt sich dagegen, dass sie zunächst keine neuen Kinder und Jugendlichen aufnehmen darf.

Bildungs- und Jugendministerin Martina Münch (SPD) hatte wegen Misshandlungsvorwürfen vor drei Wochen einen Belegungsstopp ausgesprochen. Dieser gilt zunächst bis Ende August. Zudem waren drei Erzieher bis zu diesem Zeitpunkt suspendiert worden. Heim-Betreiber und Landesjugendamt seien weiterhin im Gespräch, bestätigte eine Ministeriumssprecherin. Deren Ausgang sei völlig offen.

Die Staatsanwaltschaft Cottbus ermittelt gegen Erzieher und Heim-Betreiber. Dabei geht es um Vorfälle aus den Jahren 2006 bis 2010, aber auch aus dem laufenden Jahr. Eine unabhängige Untersuchungskommission soll die Vorgänge untersuchen.

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12 Kommentare

 / 
  • J
    Jaja

    Ja das stimmt: Sehr gute Pressearbeit. Also ich meine alle Artikel zu dem Thema in ihrer Gesamtheit. Ist heutzutage, auch bei der taz, ja zur Seltenheit verkommen.

     

     

     

    Und das dieser "Gast", der da heult von wegen er hätte nie eine Chance gehabt, "seine Unschuld" zu beweisen: Die Beweislast ist dermaßen erdrückend und die Verbrechen an Kindern dermaßen unfassbar, dass ich jede "Vorverurteilung" sehr gut nachvollziehen kann. Vielleicht kann "Gast" ja nun in Ansätzen nachvollziehen, wie es den jahrelang nicht gehörten, mißhandelten Kindern geht. Ach nein, dass kann er sicher nicht - würde nicht zum Jobprofil der Einrichtung passen.

     

     

     

    Wie formuliert man heutzutage eigentlich politisch korrekt in Stellenanzeigen, dass man eine(n) "vollkommen empathielose(n) Psychopat/in zwecks Kinderbetreuung" sucht?

  • Wer hätte gedacht, dass der Haasenburg-Skandal jetzt reinigende Wirkung innerhalb der Verwaltung hat? Vielleicht hat man es mit der "Vernetzung" einfach zu weit getrieben. Im Gesundheitsunwesen wird das Prinzip "man-kennt-sich" genannt. Anderswo heißt das Korruption.

     

    Überall da, wo öffentliche Kohle bereit gestellt wird, aber keine effektive Kontrolle durch die, denen sie mal gehört hat erfolgt, sind entsprechende Strukturen vorprogrammiert.

     

     

     

    Den Schaden haben ja vor allem die Kinder und Jugendlichen, die eigentlich wirksamer Interventionen bedürfen. Und wir alle.

     

     

     

    Angelika Oetken, Berlin-Köpenick

  • G
    Gast

    Der ein oder andere kommt von euch früher oder später auch mal in ein Heim.Vieleicht schickt mann euch dann auch wieder nach Hause mit der Aussage Sorry die Taz schreibt über uns wir misshandeln alte Menschen. Unsere Pflegeeinrichtung darf keine alte Menschen die Hilfe brauchen mehr aufnehmen.Wir hatten ja noch nicht mal die Chance gehabt unsere Unschuld zu Beweisen.

    • 3
      ?!?!?!?!
      @Gast:

      Richtig! Schade, dass sich Menschen immer ein Bild machen ohne beide Seiten zu hören! Aber lasst die Jugendlichen ruhig wieder frei, dann lesen wir demnächst wieder vom Alexanderplatz in Berlin...

    • @Gast:

      Sollte ich jemals in die Fänge einer "Pflegeeinrichtung" geraten, in der auch nur annähernd ähnliche Zustände herrschen wie in den Haasenburg-Heimen, wäre ich sehr dankbar, wenn mich dort jemand rausholt und den Laden schnellstmöglich dichtmacht. Pflegen kann man mich auch anderswo.

    • S
      Schmidt
      @Gast:

      Kann mir leider nicht vorstellen, dass weder Vertreter der Helferindustrie noch Betroffene später mal freiwillig in ein Heim wollen. Im übrigen sahen die Jugendämter allein nur im vergangenen Jahr bei 17000 Kindern eine "akute Gefährdung". Rein Mathematisch und Rechtsstaatlich wären hier also 34000 Strafanzeigen fällig gewesen, um wenistens den Versuch zu wagen, die wohl haltlosen Anschuldigungen zu verifizieren. Erfahrungsgemäß tangierten diese jedoch, aus der Lehre der "Wormser Prozesse", mal wieder gegen Null.

    • A
      Arne
      @Gast:

      Och, ich glaube, ich würde es ganz gut finden, wenn ich persönlich nicht in ein Heim müsste (oder meine Eltern in ein Heim geben müsste), in dem man mich oder andere aus "Erziehungszwecken" "räumlich begrenzt", also fesselt. Die Hassenburg hat zumindest nie bestritten, dass das zu ihrem Konzept gehörte. Und damit hat sie die Möglichkeit gehabt, sich zu äußern. Wenn ich mit so einem Mist anfange und dann nicht das ganze Konzept als falsch erkenne und es in aller Öffentlichkeit umkrempele, dann ist man nunmal sozusagen "verbrannt" für solche Tätigkeit. Es steht Ihnen, Gast, natürlich frei, wenn Sie auf Fesselspielchen oder andere Erziehungsmaßpnahmen stehen, auch ein entsprechendes Pflegeheim im Alter zu wählen. Leider sind die Jugendlichen, um die es hier geht, dort nicht freiwillig hingekommen, weil sie irgendwelche SM-Gelüste ausleben wollten.

  • S
    Skalli

    Großes Lob für die Recherchen.

  • M
    Meier

    Es sollten alle Jugendämter abgeschafft werden.

  • Auch ich bin an diesem Thema "Haasenburg" sehr interessiert, da meine Tochter auch dort war. (Jessern) Die Kinder werden schikaniert unterdrückt, und haben in einigen Dingen sogar Schweigepflicht. Meine Tochter hat den Tod eines Mädchen mitbekommen, und durfte nicht drüber reden. Wir könnten einen Roman über die Haasenburg schreiben.

  • I
    irmi

    Wenn man dieses Foto anschaut, könnte man fast denken dort ist es schön. Was sich dann hinter den Mauern an Leid abspielte ist unglaublich. Danke der taz, das sie sich so engagiert haben und die Kinder erlöst werden können.

  • ich finde das super dass die TAZ an dem Thema drann bleibt!