■ Berliner Telegramm: Im Osten nichts Neues?
Man erinnere sich an Vorwendezeiten, als nachts die Kerzen vor den Fenstern des Prenzlauer Berges und die Herzen der DDR-Bürger für Erneuerung brannten. Doch die Opposition brauchte auch ein Sprachrohr in einem Land, in dem es keine Pressefreiheit gab.
Auf primitiven Wachsmatrizenmaschinen wurden die Umweltblätter mit einer lächerlichen Auflage von 5.000 Exemplaren von Nord nach Süd von Hand zu Hand weitergegeben und zum Teil mit Abschriften vervielfältigt. Diese Veröffentlichungen der Umweltbibliothek Berlin wurden zum bedeutendsten Nachrichtenmagazin der Opposition der Deutschen Demokratischen Republik und gelten inzwischen als historische Dokumente.
Heute wollen die satten Ostler lieber bunte Bildchen aus dem Westen kaufen. Eine Kritik an der Gesellschaft verkneifen sie sich beim Anblick ihres gemeinen Arbeitgebers, der das Loch in der Brieftasche stopfen hilft. Die Nachfolgezeitschrift, der telegraph, ist immer noch systemkritisch, hat eine Auflage von gut 5.000 Exemplaren und wird wohl bald wieder mit der alten Wachsmatrizenmaschine aus dem Keller arbeiten. Aber das ist ja wohl nichts Neues. tim
Umweltbibliothek Berlin e.V., Zeitschrift „telegraph“, 10437 Berlin, Schliemannstr. 39, Tel.: 445 57 14,
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