: Im Orbit der Experimente
■ Festival für Neue Musik „Fließende Grenzen“ beginnt heute
Nie war dieser Titel so wertvoll wie heute: Fließende Grenzen beschreibt im dritten Anlauf weit dezidierter als in den Jahren zuvor die verschiedenen Schichten eines Programmes, daß sich im Kern um zeitgenössische Musik kümmert. Das zweieinhalbwöchige Festival schwärmt thematisch weit hinaus in die Paralleluniviversen der Kunst, des Theaters, der Architektur, der Literatur und der U-Musik und geografisch in die weite Welt mit Schwerpunkt Skandinavien – wobei Hamburger Musiker und Komponisten das natürliche Gerüst der Veranstaltungen leisten. In zehn Konzerten mit diversen Ensembles werden unzählige künstlerische Übergänge beschritten, ohne das Gravitationsfeld der Grundidee zu verlassen.
Besondere Faszination scheint für die Neutöner vom Theater auszugehen. Vier Veranstaltungen suchen hier explizit die gemeinsame Form: Sounding the moving space I (am 18. November) und II (am 19. November, jeweils 20.30 Uhr, Triade, Bernstorffstr. 117) tragen die Verbindung von Bewegung und Musik schon im Namen. Im ersten Teil wird eine Auftragskomposition des geigenden und singenden Komponisten Malcolm Goldstein vorgestellt, die von dem Transtonal-Ensemble musikalisch und szenisch umgesetzt werden. Im zweiten Teil verbindet der Bläser Hannes Wienert seine Klangarbeit mit den Bewegungen und Worten von vier sehr unterschiedlichen Tänzerinnen.
Auch beim Geburtstagskonzert zum 50. des Hamburger Jung Jens Peter Ostendorf in der Fabrik am 22. November (20 Uhr) steht die Ehe von Tanz und Klang im Vordergrund. Das zet-Tanztheater der Choreographin Elvi Leu aus Zürich tritt mit Rauminszenierungen und Tanz in einen Dialog mit Ostendorfs Musik, die sich ja durchaus Elementen der populären Musik bedient und zum Teil live vom Berliner Saxophon Quartett (bestehend aus drei Musikern) gespielt wird. Schließlich formuliert das wohl reifeste Hamburger Ensemble für Neue Musik L'Art Pour L'Art mit einem Musiktheaterprogramm von verschiedenen Kölner Komponisten die wohl gängigste Idee von Korrespondenz zwischen den beiden Genres aus (27. November).
Eröffnet wird das von der Kulturbehörde organisierte Festival mit Morton Feldmanns Komposition Three Voices für eine Sängerin (Marianne Schuppe) und zwei Tonbänder heute abend. Am Sonntag folgt dann das Ensemble Konfronation aus Halle, welches Werke von Komponisten aus beiden Städten sowie des komponierenden Architekten Iannis Xenakis vorstellen wird.
Der skandinavische Schwerpunkt am Dienstag und Mittwoch nächster Woche umfaßt erst das schwedische Pollicino-Ensemble im Gedächtniskonzert für die Hamburger Förderin zeitgenössischer Musik Hadmut Oelke (kleine Musikhalle) und dann ein weiteres L'Art Pour L'Art-Konzert mit Neuer Musik aus den Nordlanden. Vervollständigt wird das Programm durch einen Abend unter dem Titel Computer-Bild-Musik, der die drei Gattungen zu vernetzen versucht (26. November), und einem dazugehörigen Environment am Spritzenplatz 12 (21.-23. November, 14-21 Uhr). Mit einem Konzert, das ausschließlich den Werken Hamburger Komponisten gewidmet ist, geht das Festival am 29. November zu Ende. tlb
Alle Veranstaltungen finden in der opera stabile, 20 Uhr, statt, außer, wo es anders angegeben ist
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