: Im Liegen durch den TÜV gekommen
■ Das Solar-Fahrrad „Luna 1“ wird mit Muskelkraft und Elektromotor betrieben
Frieder Herb glaubt an Fakten und Statistiken. Die des ADAC über den innerstädtischen Individualverkehr, nach der 90 Prozent aller Fahrten unter dreißig Kilometern liegen und die Durchschnittsgeschwindigkeit der Fahrzeuge, in denen „pro Fahrt 1,12 Personen“ sitzen, sechsunddreißig Stundenkilometer beträgt, las er nicht nur mit Interesse. „Diese Strecken mit 1,5 Tonnen schweren Autos zurückzulegen, ist energetisch nicht sinnvoll“, folgerte der Techniker.
Dem Physik- und Philosophiestudenten von der Freien Universität geht es nicht um Pferdestärken. Er setzt auf umweltfreundliche Techniken – und ist damit erfolgreich. Dem Berliner Studenten ist es als erstem in Deutschland gelungen, für ein Solar-Liegefahrrad die begehrte TÜV-Plakette zu erhalten.
Die Schreckensstelle aller Autofahrer hat sich entschlossen, Herbs „leichte umweltfreundliche Nahverkehrsalternative – Luna 1“ als Moped für den Straßenverkehr zuzulassen – führerscheinpflichtig, versteht sich, Klasse 4. Denn das Gefährt wird nicht nur mit Muskelkraft, sondern auch mit einem 500-Watt-Elektromotor angetrieben und benötigt damit den Segen der Überwachungsbehörde.
Mühsames Treten entfällt, sofern man mit dem 70 Kilo leichten Rad an einem Stück nicht weiter als fünfzig Kilometer fahren möchte. Erst dann müssen die Blei-Akkus aufgeladen werden – nach Herbs Vorstellung mit Solarstrom vom Dach der eigenen Wohnung. Da die „Photovoltaik“ aber derzeit sehr teuer ist, zapft er den nötigen Strom noch aus der Steckdose. Rechnet man den elektrischen Energieverbrauch in Benzinverbrauch um, ergäben dies 0,133 Liter pro hundert Kilometer. Die Kosten: rund zwanzig Pfennig.
Das Vehikel mit der weiß-gelben Verkleidung aus Styropor und Glasfaser ermöglicht vor Wind und Wetter geschützt Spitzengeschwindigkeiten von rund 50 Stundenkilometern. Dennoch hat es einen gravierenden Nachteil. „Luna 1“ ist zu groß, als daß es in die Berliner U-Bahn passen würde. Ein Problem, das Herb im Nachfolgemodell „Berlin-Lieger“ beheben möchte. Per abnehmbarer Verkleidung und demontierbarem Motor soll man mit wenigen Handgriffen das Fahrzeug U-Bahn- tauglich machen können. „Entfernungen spielen damit keine Rolle mehr“, sagt Herb.
Für Leute, denen ein Liegefahrrad zu futuristisch und nicht geheuer ist – schließlich muß man sich daran gewöhnen, den Lenker plötzlich unter dem Sattel und die Pedale in Augenhöhe zu haben – arbeitet der Student bereits am nächsten Gefährt: dem „I-go“, einem kippstabilen Dreirad. dpa
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen