: „Ich liebe Gabin...“
(„Bestie Mensch“, Sat 1, 23.50 Uhr) Lokomotivführer Jacques (Jean Gabin) beginnt ein Verhälnis mit der Frau des Bahnhofsvorstehers Roubaud (Fernand Ledoux). Dem bleibt die Beziehung nicht verborgen, er schweigt aber, denn Jacques weiß von einem Verbrechen Roubauds. Als Severine Roubaud den durch erblich bedingten Alkoholismus labilen Jacques zum Mord an ihrem Gatten anstiften möchte, steuert die Tragödie auf einen dramatischen Höhepunkt zu...
Jean Renoirs Zola-Verfilmung ist ein Meisterwerk des „poetischen Realismus“. Gerade weil Renoir den Menschen in den Mittelpunkt seines Schaffens rückte, legte er großen Wert auf authentische Drehorte. Deren Stimmung nämlich färbt seiner Ansicht nach ab auf das Gebaren der FilmschauspielerInnen. So entstanden einige Szenen von Bestie Mensch auf einem echten Lokalbahnhof, von der französischen Bahngesellschaft S.N.C.F. wurde eine zehn Kilometer lange Bahnstrecke zur Verfügung gestellt, auf der als rollendes Studio die Lokomotive samt einem Wagen für den Stromgenerator und einem als Garderobe dienenden Kabinenwagen dahinrollte. Die Kamera stand auf einer seitlich der Lok befestigten Plattform, was zu äußerster Vorsicht nötigte: Bei der Einfahrt in einen Tunnel wurde sie abgerissen; der Kameramann Curt Courant kam mit viel Glück mit dem Schrecken davon. Im Studio nachgestellt wurde nur eine einzige Szene, in der Jean Gabin von der fahrenden Lok zu springen hatte. Renoir zitiert in seinen Memoiren Gabins lakonischen Ausspruch: „Angenommen, der Filmstreifen verhaspelt sich beim Drehen im Apparat, und wir müssen das Ganze wiederholen. Dafür wäre es vielleicht ganz gut, wenn ich noch am Leben wäre.“ Renoirs trockener Kommentar: „Das war eine Überlegung, der man gesunden Menschenverstand nicht absprechen konnte.“ Kein Wunder, daß es an einer anderen Stelle heißt: „Ich liebe Gabin, und er liebt mich.“
H.K.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen