IWF-Chefin unter Druck: Durchsuchung im Hause Lagarde
Ermittler haben die Pariser Privatwohnung der IWF-Chefin Lagarde durchsucht. Es geht um ein umstrittenes Urteil aus ihrer Zeit als Wirtschaftsministerin.
PARIS afp | Wegen einer Finanzaffäre in Frankreich sind die Wohnräume der Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, in Paris durchsucht worden. Das sagte Lagardes Anwalt Yves Repiquet am Mittwoch und betonte, seine Mandantin habe in der Affäre um umstrittene Millionenzahlungen an den Skandalunternehmer Bernard Tapie „nichts zu verbergen“. Lagarde sei in der Angelegenheit noch nicht befragt worden, fügte der Anwalt hinzu.
Bei den Ermittlungen geht es um Entscheidungen, die dazu führten, dass Tapie vor knapp fünf Jahren eine hohe Entschädigungszahlung aus Staatsgeldern zugesprochen bekam. Im August 2011 waren im Zusammenhang mit der Affäre Ermittlungen gegen Lagarde eingeleitet worden. Sie war zum Zeitpunkt der Entschädigungsentscheidung zugunsten Tapies französische Finanzministerin. Die Ermittlungen gegen sie werden vom Gerichtshof der Republik geleitet, der einzigen Instanz in Frankreich, die zu mutmaßlichen Vergehen von Regierungsmitgliedern während ihrer Amtszeit ermitteln darf.
In der Tapie-Affäre geht es um den Verkauf des deutschen Sportartikelherstellers Adidas an die französische Bank Crédit Lyonnais im Jahr 1993. Tapie hatte der verstaatlichten Bank vorgeworfen, ihn beim Verkauf des Unternehmens übervorteilt zu haben, und auf Entschädigung geklagt. Nach einem jahrelangen Rechtsstreit zwischen dem Geschäftsmann und der Bank beauftragte die frisch ins Amt eingeführte Finanzministerin Lagarde im Jahr 2007 ein Schiedsgericht, den Fall zu lösen. Tapie bekam daraufhin Schadenersatz in Höhe von 285 Millionen Euro – mit Zinsen sogar 400 Millionen Euro – zugesprochen.
Lagarde hatte zuletzt Ende Januar beteuert, die Anrufung des Schiedsgerichts sei "damals die beste Lösung" gewesen. Separat zu den Ermittlungen gegen Lagarde untersuchen auch Pariser Untersuchungsrichter den Fall. Dabei wurden zuletzt unter anderem die Wohn- und Büroräume von Claude Guéant durchsucht, der zum Zeitpunkt der Affäre unter dem damaligen Staatschef Nicolas Sarkozy Generalsekretär im Präsidentenpalast war.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Comeback der Linkspartei
„Bist du Jan van Aken?“
Krieg in der Ukraine
Keine Angst vor Trump und Putin
Polarisierung im Wahlkampf
„Gut“ und „böse“ sind frei erfunden