IWF-Chefin hat wenig Mitleid mit Griechen: Die harte Frau Lagarde
Christine Lagarde beschäftigt sich mehr mit Kindern im Niger als mit der Situation der Griechen. Sie bräuchten dringender Hilfe, so die IWF-Chefin. Wenig nette Worte, die wenig Anklang finden.
![](https://taz.de/picture/211902/14/lagarde_griechen_kritik_rtr.jpg)
ATHEN dpa/afp | Die harten Worte von IWF-Chefin Christine Lagarde zu Griechenland haben dort über Pfingsten zu scharfen Reaktionen geführt. Die Chefin des Internationalen Währungsfonds hatte in einem Interview mit der britischen Zeitung Guardian die Griechen allgemein wegen ihrer Steuermoral kritisiert und dabei gesagt, sie denke mehr an die Kinder im afrikanischen Niger als an die Menschen in Athen.
„Das Letzte was wir brauchen, ist das Mitleid der Frau Lagarde“, sagte dazu am Sonntag der Chef des Bündnisses der radikalen Linken (Syriza) Alexis Tsipras. Die große Mehrheit der Griechen zahle Steuern. Warum die Reichen keine Steuern zahlen, dafür sollte sich Lagarde an die Sozialisten und Konservative in Athen wenden, nicht an die Bürger, meinte Tsipras weiter.
Lagarde hatte gesagt: „Ich sorge mich mehr um die Kinder in einem kleinen Dorf in Niger, die nur zwei Stunden Unterricht am Tag haben und sich zu dritt einen Stuhl in der Schule teilen. Sie brennen darauf, Bildung zu bekommen. An diese Kinder denke ich die ganze Zeit. Denn ich glaube, sie brauchen viel mehr unsere Hilfe als die Menschen in Athen“, sagte Lagarde. Sie hatte die Bürger im hoch verschuldeten Griechenland zur Steuerehrlichkeit aufgefordert, um das Land aus der Krise zu führen.
„Ich verstehe nicht, was das soll“, meinte Giannis Michelakis, Sprecher der griechischen konservativen Partei Nea Dimokratia. „Es ist als ob man den Kranken, dem man die falsche Medizin gegeben hat, zur Verantwortung zieht.“
„Eher schlicht“
Der Chef der griechischen Sozialisten Evangelos Venizelos rief Lagarde dazu auf, sich erneut zu überlegen, was sie denn wirklich sagen wollte. Sie sollte diese Aussagen zurücknehmen.
Am späten Samstag erklärte Lagarde den Griechen dann zwar ihr Mitgefühl angesichts der einschneidenden Sparmaßnahmen. Zugleich verwies sie aber auf die Notwendigkeit einer gerechten Lastenverteilung in der Krise. Eine Sprecherin der französischen Regierung nannte die Äußerungen „eher schlicht“.
Die griechische Wirtschaft befindet sich das fünfte Jahr in Folge in der Rezession. Im Gegenzug für Milliardenkredite der Europäischen Union und des IWF hatte sich die Anfang Mai abgewählte griechische Regierung aus Sozialisten und Konservativen zu einem drastischen Sparprogramm verpflichtet. Nach der Wahl, bei der sparkursfeindliche Parteien großen Zuspruch erfuhren, kam keine neue Regierung zustande, weshalb am 17. Juni erneut gewählt werden soll.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Social-Media-Star im Bundestagswahlkampf
Wie ein Phoenix aus der roten Asche
Mitarbeiter des Monats
Wenn’s gut werden muss
Gerhart Baum ist tot
Die FDP verliert ihr sozialliberales Gewissen
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen
Jugendliche in Deutschland
Rechtssein zum Dazugehören