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IRA–Prozeß wird wieder aufgerollt

■ Berufungsgericht soll lebenslanges Hafturteil gegen die sechs angeblichen „Bomber von Birmingham“ trotz widerrufener Geständnisse und spärlicher Beweismittel überprüfen

Aus London Rolf Paasch

Der Prozeß gegen die sechs wegen terroristischer Bombenanschläge im englischen Birmingham 1974 zu lebenslänglicher Haft verurteilten Iren wird wiederaufgerollt werden. Nach einjährigem Studium der neuen Beweislage sah sich der britische Innenminister Douglas Hurd am Dienstag gezwungen, den Fall erneut an das Oberste Berufungsgericht zu verweisen. Damit hat die jahrelange Lobby irischer Solidaritätsgruppen nach achtjähriger Kampagne zumindest einen Teilerfolg erzielt. Bei den Bombenanschlägen der IRA im Jahre 1974 waren in Birmingham und Guilford 30 Zi vilisten ums Leben gekommen. Die wegen der „Guildford“– Anschläge Verurteilten müssen allerdings weiterhin vergeblich auf die Chance zur Rehabilitation warten. In ihrem Falle reichten nicht einmal die Geständnisse zweier für andere IRA–Attacken einsitzender Häftlinge, auch für die Guildford–Anschläge verantwortlich zu sein, um den Innenminister zur Neuaufnahme des Verfahrens zu bewegen. Beide Gerichtsverfahren stellen die offensichtlichsten Fälle politisch motivierter Schnelljustiz in Großbritannien dar. In beiden Prozessen reichten später wiederrufene Geständnisse sowie heute nicht mehr als Beweismittel zugelassene chemische Spurentests aus, die Verdächtigen für Jahre, bzw. lebenslänglich hinter Gitter zu bringen. Erst die jahrelangen Nachforschungen des Journalisten Chris Mullin, die in seinem Buch „Fehlurteile“ zusammengefaßt wurden, zwangen den Innenminister jetzt zur Wiederaufnahme des Verfahrens gegen die „Bomber von Birmingham“. Während die Weigerung des Ministers, auch das Guildford–Verfahren neu zu eröffnen, ein Skandal bleibt, ist Mullin nicht einmal für die jetzt genehmigte Wiederaufnahme optimistisch: Im Obersten Berufungsgericht, so der Autor, „sitzen einige der engstirnigsten Köpfe im ganzen Land“.

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