■ III. Wahl: Der ranke Rüssel
Was läuft eigentlich in den Dritten Programmen zwischen 17 und 20 Uhr? Zum Beispiel:
„Einfach köstlich!“, 18.15 Uhr, SWR
Man mag gar nicht mehr essen, so viele Kochsendungen gibt es mittlerweile. Beim SWR stehen vorabendlich drei Leute in der Küche. Da fragt sich doch, verdirbt das nicht den Brei?
Heike Greis ist hauptmoderierende Zugabe und von leicht manischer Begeisterung, eine schöne, reife Dame namens Delia kennt sich mit Weinen aus, doch die Arbeit besorgt Chefkoch Harald Rüssel. Auf der Karte von „Einfach köstlich!“ stehen laut Ansage „regionale Spezialitäten“, an diesem Donnerstag-abend „saarländische“: Muscheln nämlich – samt Sättigungsbeilagen.
Und sofort gefällt, dass Preis und Leistung unbestechlich ins Verhältnis gesetzt werden. Den Elsässer Riesling erschwinglich gewählt (10 Mark), das Kalkulieren von Muschelpreis je Kilo und essbarer Restmenge pro Portion – alles pragmatisch, kenntnisreich und doch liebevoll.
„Einfach köstlich!“ ist keine Kampfarena aufgestiegener Kleinbürger. Die miefige Kochstudioausstattung (zuviel Dekor!) sieht man dem Sender gern nach. In 30 Minuten wird nicht mit teurem Gerät und kuriosem Rezept geprotzt, sondern die Zusammenstellung von Beilagen, Getränken und Zutaten unter Einsatz der Lebensmittelkunde begründet und der Weg zum Ziel Schritt für Schritt beschrieben. Wie wachsen Muscheln, wie erntet und bereitet man die verschiedenen Arten zu, woran erkennt man ihre Frische? Zum appetitlichen Schluss: ein Teller Muscheln mit Fenchelgemüse (gebacken) und Safrankartoffeln. Greis' leichter Überschwang wird durch Rüssels trockenen Humor gebändigt. Der ranke Chefkoch entfernt den zweiten Dillzweig auf dem fertigen Gericht: „Zu viele Kalorien!“
Rüssels Opus, heißt es explizit, könne man auch nachkochen. Doch unsereins setzt sich lieber mit einem Weißen vor die Glotze. Falls es mal ernst werden sollte (Stichwort Schwiegereltern), lässt sich Herr Rüssel vielleicht engagieren. Anke Westphal
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