IGH soll Sezession prüfen: Serbien klagt Abspaltung Kosovos an
Der Internationaler Gerichtshof soll ein Gutachten über die Abspaltung des neuen Staats erstellen. Dazu braucht es aber einen Beschluss der UN-Generalversammlung.
BERLIN taz Die Abspaltung des Kosovo von Serbien könnte schon bald den Internationalen Gerichtshof (IGH) in Den Haag beschäftigen. Der IGH ist das Gericht der Vereinten Nationen zur Klärung völkerrechtlicher Streitfragen. Serbien will erreichen, dass der IGH in einem Gutachten die im Februar erfolgte Sezession des Kosovo missbilligt.
"Die Generalversammlung oder der Sicherheitsrat kann über jede Rechtsfrage ein Gutachten des Internationalen Gerichtshofs anfordern", heißt es in Artikel 96 der UNO-Charta. Serbien kann also nicht selbst das Gutachten beantragen, sondern braucht einen Beschluss der UN-Generalversammlung, die im September tagt. Der serbische Außenminister Vuk Jeremic reichte jetzt einen entsprechenden Antrag bei der UNO ein.
Sollte der Gutachtenauftrag zustande kommen, stehen die Chancen gut, dass die serbische Position bestätigt wird. Im Völkerrecht gibt es nämlich kein Recht auf Sezession. Eine nationale Minderheit wie die Kosovo-Albaner kann zwar Minderheitenrechte in Serbien beanspruchen, nicht aber einen eigenen Staat. Nur bei aktueller Unterdrückung einer Volksgruppe erkennen Völkerrechtler bisher ein Recht auf Abspaltung zu. Im Fall Kosovo wird es nun darum gehen, ob es auch eine Nachwirkung langjähriger Unterdrückung geben kann, die 1999 während des Kosovokriegs bis hin zu Massenvertreibungen reichte.
Ein Gutachten des IGH ist allerdings nicht verbindlich, sondern "nur" eine einflussreiche Stellungnahme. Serbien hat aber angekündigt, dass man "jede Entscheidung akzeptieren wird, die das Gericht fällt", so Jeremic. Serbiens prowestliche Regierung verzichtete bislang darauf, Staaten, die Kosovo anerkannt haben, direkt zu verklagen.
Ob Serbien für seinen Antrag überhaupt eine Mehrheit in der Generalversammlung erhält, ist noch offen. Der russische Botschafter in Serbien signalisierte bereits seine Unterstützung.
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