IBA-Eröffnung: Die besondere Baustelle
Begleitet von Protesten ist die Internationale Bauausstellung in Wilhelmsburg eröffnet worden. Die Kritiker befürchten steigende Mieten.

Die Internationale Bauausstellung (IBA) in Wilhelmsburg ist am Samstagabend eröffnet worden. Nach achtjähriger Planungs- und Bauzeit gleicht das Gelände, in das mehr als eine Milliarde Euro investiert worden ist, zwar weitgehend noch einer Baustelle, dennoch hatten die Betreiber zum Start-Event in den Inselpark neben dem Bürgerhaus Wilhelmsburg geladen, während 600 Gentrifizierungskritiker gegen das „IBA-Spektakel“ demonstrierten.
„Was hier geschieht, stößt international auf großes Interesse“, sagte Bürgermeister Olaf Scholz bei der Feier, zu der 400 Menschen gekommen waren. „Die IBA Hamburg 2013 wird das Gesicht unserer Stadt als Ganzes verändern, weit über die Dauer der Bauausstellung hinaus.“ 60 Projekte zu Bauen, Energie und Bildung seien verwirklicht worden – Visionen von der „Stadt der Zukunft“.
Die IBA werde dafür sorgen, dass der „Sprung über die Elbe“ gelinge und die sozialen Brennpunkte zu attraktiven Vierteln werden, sagten Scholz und IBA-Chef Uli Hellwig. Zuvor hatte ein Gospelchor, so die Moderatorin, „die unglaubliche ungewöhnliche Show“ eröffnet, damit Licht auf die Elbinsel und seine 56.000 Menschen falle.
Nicht nur meteorologisch herrschte Kälte am Eröffnungsabend, auch das politische Klima war eisig. So schirmte das Event im Inselpark, das die Politiker mit einem Schiff von der Elbseite her ansteuerten, ein Großaufgebot an Polizei ab. Räumpanzer und Wasserwerfer säumten die Straßen und riegelten den Zugang von der Wilhelmsburger Reichsstraße her ab.
Denn eine Stunde zuvor hatten sich 600 Gentrifizierungskritiker vor dem Energiebunker an der Neuhöfer Straße versammelt, um gegen die Umstrukturierung der Region aufgrund der IBA zu protestieren. „Der IBA Blase die Luft rauslassen“ und „IBA versenken – Wohnraum verschenken“, hieß es auf Transparenten.
„Die neoliberale Stadtentwicklungspolitik geht an den Bedürfnissen der Bewohner vorbei“, sagt Hannah Sperberich von der Kampagne „IBA? Nigs da!“. Die IBA sei ein völlig ungeeignetes Instrument, um die Lebensverhältnisse der Leute, die hier wohnen, zu verbessern, so Sperberich. Die soziale Ausgrenzung vieler Menschen werde nicht angegangen, „sondern durch die Festival-Politik verschärft“.
Obwohl die Polizei versucht hatte, die Demonstranten vom offiziellen IBA-Rundgang fernzuhalten, gelang es Menschen immer wieder, das Festprogramm auf dem eigentlichen IBA-Gelände zu stören. So beim Live-Interview von IBA-Chef Uli Hellweg im „Hamburger Journal“ oder dem Promi-Empfang im Hotel „Wälderhaus.“
Nachdem es der Security nicht gelungen war, die Protestler rauszudrängen, stürmte die Bereitschaftspolizei in das Hotel. „Vor den Augen der anwesenden Gäste, die sich an Schnittchen und Prosecco gütlich taten, räumte die sichtlich überforderte Polizei unter dem Einsatz von Schlagstöcken das Foyer“, berichtet eine Aktivistin.
Auch am gestrigen Sonntag, dem ersten offiziellen Publikumstag, kam es zu Aktionen. So blockierten Demonstranten einen IBA-Bus bei einer Rundtour und entrollten Transparente: „Zahlt die IBA auch die steigenden Mieten?“ und „Wohnen heißt bleiben – IBA = Verdrängung“. Umfangreiche Personenkontrollen auf dem gesamten Areal durch die Polizei waren die Folge.
Lesen gegen das Patriarchat
Auf taz.de finden Sie eine unabhängige, progressive Stimme – frei zugänglich, ermöglicht von unserer Community. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Protestaktion gegen CDU-Chef Merz
Alle Tassen im Konrad-Adenauer-Haus?
Vertreibung von Palästinensern
Amerikaner in Gaza
CDU-Politiker boykottiert Radio Bremen
Zu links, zu grün, zu schlecht
EU-Antwort auf Putin und Trump
Zu wenig und zu spät
USA in der Ukraine
Geheime Verhandlungen mit der Opposition
Wahlbeteiligung bei Hamburg-Wahl
Wählen geht, wer Geld hat