IAEO-Bericht zum Iran: Die Indizien sind erdrückend
Die IAEO-Inspekteure haben tausende Seiten offizieller iranischer Dokumente über die "Erforschung, Entwicklung und den Test von Technologie" studiert.
GENF taz | Der Iran hat nach Erkenntnissen der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO) zumindest bis 2010 geheime Aktivitäten zur Entwicklung von Atomwaffen betrieben. Das geht aus dem bisher umfangreichsten und detailliertesten Iran-Bericht hervor, den die IAEO gestern in Wien ihrem aus 37 Mitgliedsstaaten bestehenden "Gouverneursrat" vorlegte.
Das Gremium wird kommende Woche über den Bericht beraten und ihn dann voraussichtlich zur weiteren Befassung an den UNO-Sicherheitsrat in New York leiten.
Es gebe "glaubwürdige" Informationen, wonach der Iran vor Ende 2003 ein geheimes "strukturiertes Programm" zur Entwicklung von Atomwaffen unterhalten und nach der Entdeckung dieses Programms einen Teil dieser Aktivitäten "wahrscheinlich zumindest bis zum Jahr 2010 fortgesetzt" habe, heißt es in dem 25-seitigen IAEO-Bericht. Diese Aktivitäten "könnten auch noch weiter andauern".
Im Jahr 2007 hatten die 16 Geheimdienste der USA in ihrem gemeinsamen Jahresbericht noch festgestellt, Teheran habe das Entwicklungsprogramm für Atomwaffen Ende 2003 vollständig eingestellt, nachdem iranische Oppositionskreise westlichen Regierungen Informationen über geheime, unterirdische Anlagen zur Urananreicherung zugespielt hatten.
Frühere Hinweise
Auf den Bau von Anlagen, in denen Teheran Uran für die militärische Nutzung hochanreichern oder Plutonium als Spaltmaterial für Atomwaffen gewinnen könnte, hatte die IAEO bereits in früheren Berichten hingewiesen.
Ihr jüngster Bericht konzentriert sich auf mutmaßliche Bemühungen Irans, radioaktives Material in Nuklearsprengköpfe zu füllen und Raketen zu entwickeln. In einem 13-seitigen Anhang zu dem Bericht listet die IAEO alle ihr vorliegenden Detailinformationen zum iranischen Atomprogramm auf.
Nach diesen Angaben haben Wissenschaftler unter der Führung des Verteidigungsministeriums Komponenten für einen atomaren Sprengkopf entwickelt und getestet. Dazu gehörten auch Arbeiten an Komponenten ("Neutron Initiators"), die nukleare Kettenreaktionen auslösen. Zudem gebe es Hinweise auf die Vorbereitung von Atomtests, für die der Iran spezielle Zünder unterirdisch ausprobierte.
"Die Informationen weisen darauf hin, dass der Iran Arbeiten zur Entwicklung eines nuklearen Sprengkörpers durchgeführt hat", schreibt IAEO-Direktor Yukiya Amano. Besonders beunruhigt zeigt sich die IAEO über Studien zu atomaren Bauteilen sowie über Computersimlationen von atomaren Explosionen aus den Jahren 2008 und 2009. Der Bericht zählt eine Reihe von Nuklearexperimenten auf. "Während einige im Anhang beschriebene Aktivitäten zivile wie militärische Zwecke haben könnten, sind andere speziell für Atomwaffen", heißt es.
Testexplosionen auf der Militärbasis Parchin
Ein wesentliches Indiz für militärische Zwecke seien Informationen über iranische Experimente mit starkem Sprengstoff und der Bau eines großen Stahlcontainers für Testexplosionen auf der Militärbasis Parchin. Nach Angaben der IAEO erhielt die iranische Regierung die Konstruktionspläne für Atomwaffen von einem Schmuggelnetzwerk um den pakistanischen Atomwissenschaftler Abdul Qadeer Khan.
Die IAEO gelangt in ihrem Bericht allerdings nicht zu der Schlussfolgerung, Iran beherrsche bereits alle für den Bau einer Atombombe erforderlichen Technologien, und äußert sich auch nicht zu der Frage, bis wann das der Fall sein könnte.
IAEO-Direktor Amano betont in dem Bericht die "vielfältigen Quellen" für die neuen Erkenntnisse seiner Behörde. Die IAEO-Inspekteure hätten "über 1.000 Seiten" offizieller iranischer Dokumente studiert über die "Erforschung, Entwicklung und den Test von Technologien", die nützlich seien für den Bau einer Atomwaffe, schreibt Amano. Zudem habe "eine Reihe von am iranischen Nuklearprogramm beteiligter Personen" der IAEO Informationen geliefert.
Laut Amano "decken sich diese Dokumente und Informationen aus dem Iran mit Erkenntnissen der Geheimdienstinformationen aus mehr als zehn Ländern". Diese Länder werden in dem Bericht allerdings nicht namentlich benannt.
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