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Hygiene-Expertin über Norovirus„Es gibt viele verschiedene Ursachen“

Woher der Pfirsich im Joghurt stammt, steht nirgends. Übertragen wird der Norovirus auf vielerlei Wegen. Expertin Brendel rät zu mehr Hygiene in der Küche.

Wenn sie hygienisch einwandfrei sind, bestimmt genießbar: Erdbeeren. Bild: ap
Svenja Bednarczyk
Interview von Svenja Bednarczyk

taz: Frau Brendel, die Untersuchungen haben bestätigt, dass die Tiefkühlerdbeeren aus China die Ursache des Brechdurchfalls sind. Wie kann der Verbraucher nachvollziehen, woher das gefrorene Gemüse im Handel kommt?

Birgit Brendel: Bis jetzt ist nur das Herkunftsland von frischem Obst und Gemüse gekennzeichnet. Bei verarbeiteten oder gefrorenen Produkten ist die Herkunft nicht zu erkennen.

Gibt es keine Kontrollen in den Firmen?

Die Unternehmen haben eine Zusicherung des Vorlieferanten, dass die Ware in Ordnung ist. Sie untersuchen die Ware in der Regel stichprobenartig. Wie tiefgründig diese Kontrollen sind, ist eine andere Frage. Des Weiteren prüft die Lebensmittelüberwachung ebenfalls mit Stichproben. Unternehmen, deren Produkte eine sehr große Reichweite haben – oder Firmen, die kritische Waren wie Fisch und Fleisch vertreiben –, werden dabei öfter kontrolliert.

Die Erdbeeren wurden zu Kompott verarbeitet, wurden also erhitzt. Müsste das die Viren nicht abtöten?

Die Frage ist, wie stark der Verarbeiter sie durcherhitzt hat. Wenn man sich im eigenen Haushalt schützen will, sollte man rohe Lebensmittel vermeiden und lieber alles durchgaren oder heiß abwaschen und auf sauberen Brettchen und Messern schneiden. Aber am wichtigsten ist die persönliche Hygiene: Die Hände sollte man mindestens 30 Sekunden lang mit Seife waschen und abtrocknen, das macht Desinfektionsmittel unnötig. Zu Gast in Kantinen oder Restaurants muss man sich darauf verlassen, dass die Küche ihre Sorgfaltspflicht erfüllt. Da hat man keine Kontrollmöglichkeiten.

Birgit Brendel

48, ist Referatsleiterin für Ernährung der Verbraucherzentrale Sachsen. Sie hat ein Unterrichtskonzept für Schulen zum Thema Küchenhygiene entwickelt.

Ist der Fall der infizierten SchülerInnen denn nur die Spitze des Eisbergs?

Beim Norovirus gibt es jedes Jahr im Winter eine Erkrankungswelle. Dazu geht man von einer hohen Dunkelziffer aus. Denn inwieweit prüft der Arzt, was die Ursache des Brechdurchfalls ist? Die Noro-Erkrankungen der letzten Jahre zeigen, dass es viele verschiedene Ursachen gibt. Neben rohen Nahrungsmitteln waren auch kontaminiertes Trinkwasser oder eine erkrankte Servicekraft Übertrager der Noroviren. Man kann nicht sagen, die bösen chinesischen Produkte sind schuld. Der Hauptinfektionsweg ist der direkte Kontakt von Mensch zu Mensch. Und anders als bei Bakterien, bei denen die Krankheit erst mit tausenden von Erregern ausbricht, reichen schon zehn bis hundert Noroviren, um zu erkranken.

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