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Hunderte fordern Aufklärung im Fall Nelson

Behörden sehen weiter Suizid als Grund für Tod des Schwarzen Jugendlichen im Gefängnis

Von Yağmur Ekim Çay

Nach dem Suizid eines Schwarzen 15-Jährigen in der saarländischen Justizvollzugsanstalt (JVA) Ottweiler haben rund 200 Menschen Aufklärung gefordert. Unter dem Motto „Gerechtigkeit für Nelson“ hatten Initiativen aufgerufen. Zu den Hintergründen des Todes sind weiterhin viele Fragen offen.

Online kursieren zurzeit verschiedene Vorwürfe, etwa der, dass der Tod etwas mit Misshandlungen durch Anstaltspersonal zu tun habe. Laut anderen dort Inhaftierten soll der 15-Jährige vor dem Suizid über längere Zeit Hunger gelitten und schließlich Süßigkeiten aus einer anderen Zelle gestohlen haben. Daraufhin habe ihn ein JVA-Beamter getreten und geschlagen. Nach dem Tod hatten 17 Mitinhaftierte gegen die Haftbedingungen protestiert. Erst Spezialkräfte konnten den Protest nach mehreren Stunden beenden.

„Nelson war ein Sohn, ein Bruder und ein junger schwarzer Mensch, dessen Leben einen Wert hat“, erklärte die Initiative „Black Power“ auf der Demonstration am Sonntag. Was er gebraucht hätte, sei Fürsorge und Schutz gewesen, stattdessen habe er Gewalt und Isolation erfahren. Die Initiative kritisierte das System, das „schwarze Menschen und Migranten entmenschlicht und Leben als verzichtbar verachtet“. Die Familie des Jugendlichen hatte zuletzt Strafanzeige gegen unbekannt gestellt und zu Wort gemeldet.

Die Obduktion des Jugendlichen ergab zuletzt nach Angaben der Staatsanwaltschaft „keine Hinweise auf Fremdeinwirkung“ und „keine äußeren Verletzungszeichen“. Für die Beamten gibt es bislang keine disziplinarischen Folgen. Allerdings ermittelt die Staatsanwaltschaft inzwischen auch wegen Bedrohungen gegen JVA-Beamte, die in sozialen Medien gezielt angefeindet wurden.

Der Fall beschäftigt auch den saarländischen Landtag, der in der vergangenen Woche zu einer nichtöffentlichen Sondersitzung zusammenkam. Justizministerin Petra Berg (SPD) erklärte im Gespräch mit dem Saarländischen Rundfunk: „Wir haben eine vollständige und auch lückenlose Aufarbeitung der Geschehnisse jetzt in Bearbeitung und werden diese weiterverfolgen.“ Alle dem Ministerium vorliegenden Informationen seien umgehend an die Staatsanwaltschaft Saarbrücken weitergeleitet worden – und dies geschehe auch fortlaufend.

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