Hunderte Tote in Südsudan: Krieg um Land und Vieh

Ein Konflikt um Ressourcen in Südsudans Bundesstaat Jonglei gerät außer Kontrolle. Die Regierung spricht von 242 Toten, es könnten viel mehr sein.

Alter Konflikt, junge Kämpfer: Miliz der Lou-Nuer im Distrikt Uror, Jonglei, Südsudan, 2013 Foto: reuters

NAIROBI TAZ | Eine neue Welle ethnischer Gewalt in Südsudan hat viele Tote, Verletzte und Vertriebene zur Folge. Im Bundesstaat Jonglei haben schwerbewaffnete junge Männern der Murle-Ethnie Dörfer der Bevölkerungsgruppe der Lou-Nuer angegriffen. Mehrere Dörfer im Distrikt Uror sind komplett niedergebrannt, Frauen und Kinder wurden entführt, Vieh gestohlen.

Zu den Opferzahlen gibt es unterschiedliche Angaben. Südsudans Regierung meldet 242 Tote, lokale Medien vermuten viel mehr. Die UN-Mission im Südsudan (UNMISS) recherchiert die Meldungen noch.

„Es ist aber sehr schwierig, die Zahlen zu überprüfen, weil es widersprüchliche Berichte gibt“, erklärt UNMISS. Südsudan, eines der wenigsten entwickelten Länder der Welt, hat kaum befahrbare Straßen und durch die Covid-19-Pandemie ist der Flugverkehr teilweise eingestellt.

David Shearer, UN-Sondergesandter für Südsudan, ruft beide Gruppen auf, die Gewalt einzustellen. „Während der politisch motivierte Konflikt in Südsudan verringert ist, hat interkommunaler Streit zugenommen und verursacht massives Leid für Familien, die versuchen, nach Jahren des Bürgerkriegs ihr Leben wieder aufzubauen“, erklärte er.

Denn eigentlich besteht in Südsudan Hoffnung, dass der Ende 2013 ausgebrochene Bürgerkrieg zwischen Präsident Salva Kiir und Rebellenführer Riek Machar, der rund 400.000 Tote gefordert hat, endlich zu Ende geht. Nach Unterzeichnung eines Friedensabkommens haben die beiden dieses Jahr eine Regierung der na­tio­nalen Einheit gebildet, Machar ist wieder Vizepräsident.

Die Kämpfe zwischen Murle und Lou Nuer haben mit diesem Bürgerkrieg nichts zu tun. Viele der mehr als 60 Volksgruppen Südsudans stehen über Macht und Land miteinander in Konflikt, oft schon seit vor der Unabhängigkeit 2011. Der Angriff der Murle-Milizen am vergangenen Wochenende war die Rache für eine Attacke von Lou-Nuer in März, die ebenfalls viele Opfer forderte.

Der Streit geht vor allem um Vieh und Zugang zu Grasland und Wasser. Der klimawandelbedingte Anstieg der Temperaturen und die wachsende Unberechenbarkeit der Regenzeiten hat die Konflikte immer weiter intensiviert.

Bei Angriffen werden nicht nur die Rinderherden der Gegenseiten mitgenommen, sondern auch Frauen und Kinder. Die werden benutzt als Arbeiter oder weiterverkauft im Austausch für Rinder, den Reichtum beider Ethnien. Trotz Friedensversuchen der Regierung und religiöser Organisationen ist der Murle-Nuer-Konflikt einer der gewalttätigsten im Land.

Gesundheitseinrichtungen als Zielscheibe

Unter den Opfern des jüngsten Angriffs befinden sich südsudanesische Mitarbeiter von „Ärzte ohne Grenzen“ (MSF). Andere Mitarbeiter mussten fliehen. Viele Menschen im Südsudan sind für medizinische Versorgung auf Hilfsorganisa­tio­nen angewiesen. Sie sind daher auch bevorzugte Zielscheibe von Angriffen, Kliniken von MSF werden öfter geplündert.

Die Angst ist denn auch groß, dass Südsudan vollkommen unvorbereitet ist auf die Corona- Pandemie. Den wenigen Krankenhäusern mangelt es an Ausrüstung.

Bisher wurde nur sehr wenig getestet. Zu den bis jetzt bekannten 481 Infizierten gehören Vizepräsident Riek Machar, seine Frau Angelina Teny, die zugleich Verteidigungsministerin ist, sowie Informationsminister Michael Makuei und auch ihre Leibwächter und Büropersonal.

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