Hunderte Millionen Euro mehr: Ärztehonorare wieder wohlauf
Die Ärzte wollten für 2011 zwei Milliarden Euro mehr Honorar, die Kassen forderten eine Nullrunde. Nun haben sie sich vorerst auf 500 Millionen Euro mehr geeinigt.
BERLIN taz/dapd | Die 150.000 Kassenärzte und Psychotherapeuten in Deutschland bekommen 2011 wieder mehr Honorar. Darauf einigten sich am Dienstag die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Wie aus Verhandlungskreisen zu vernehmen war, kam der Beschluss gegen die Stimmen der Krankenkassen zusammen.
Über die Summe gibt es verschiedene Mitteilungen. Dem Vernehmen nach soll es sich um über eine Milliarde Euro handeln. Die KBV allerdings spricht von einer Erhöhung von "nur asymmetrischen" 500 Millionen Euro.
Der Einigung vorausgegangen waren bereits Auseinandersetzungen. Die Krankenkassen hatten eine Nullrunde gefordert, die Ärzte wollten bis zu zwei Milliarden Euro mehr Geld. Die jüngste Verhandlungsrunde vor zehn Tagen war gescheitert.
"Statt einer angemessenen Nullrunde wurde eine Erhöhung um fast 50 Prozent beschlossen", kommentierte GKV-Pressesprecher Florian Lanz gegenüber der taz. Johann-Magnus von Stackelberg, Vizechef des GKV-Spitzenverbands, sagte: "Bezahlen müssen dies die Beitragszahler über die Erhöhung der Krankenkassenbeiträge."
Die Bundesregierung hatte Ende September beschlossen, dass die Kassenbeiträge für die Versicherten zum 1. Januar 2011 von 14,9 auf 15,5 Prozent steigen. Dabei tragen Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Erhöhung je zur Hälfte. Weitere Kostensteigerungen müssen ausschließlich die Arbeitnehmer bezahlen. Die Gesundheitsreform von Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) war vor allem bei der Opposition, Krankenkassen und Gewerkschaften auf Kritik gestoßen. 90 Prozent der Bevölkerung sind über gesetzliche Krankenkassen versichert.
Der Schlichterspruch spiegele "das maximal erreichbare Ergebnis wider", sagte KBV-Vorstandsvorsitzender Andreas Köhler: "Im kommenden Jahr werden 500 Millionen Euro asymmetrisch auf die Kassenärztlichen Vereinigungen verteilt werden." Köhler forderte die Politik auf, der sogenannten asymmetrische Honorarverteilung eine "lineare Anpassung" folgen zu lassen.
"Asymmetrische Verteilung" heißt, dass die Ärztehonorare in einzelnen Bundesländern unterschiedlich steigen werden. Ursache hierfür ist, dass einige Kassenärztliche Vereinigungen 2009, als es schon einmal mehr Geld gab, weniger bekamen als andere. Damals war das Honorar der Praxisärzte im Vergleich zum Vorjahr um 63 Prozent auf 30,8 Milliarden Euro gestiegen.
Die "regionale Lücke" soll 2011 ausgeglichen werden, so Köhler. Die Verhandlungen sollen am Montag fortgesetzt werden.
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