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„Humanity in Fashion Award“ 2013Nichts weniger als Menschlichkeit

Der „Humanity in Fashion Award“ will eine Plattform für faire Öko-Kleidung sein. Die niederländische Jungdesignerin Hellen van Rees hat ihn nun gewonnen.

Die Kollektion „useddesu“ der Finalistin Stefanie Stohwasser. Bild: Thomas Kumerow/Hessnatur

Als Hessnatur vor drei Jahren den „Humanity in Fashion Award“ ins Leben rief, schien sein Name doch etwas pathetisch zu sein. Mit dem Preis wollte das schon in den 1970er Jahren gegründete Ökolabel vor allem zunächst einmal den Konflikt zwischen Mode und ökologischer und fair produzierter Kleidung entschärfen.

Der mit 25.00 Euro und einem Exklusivvertrag für eine Capsule Collection für Hessnatur dotierte Förderpreis sollte Jungdesigner zu Entwürfen animieren, in denen Öko und Mode kein Widerspruch, sondern im Gegenteil eine wechselseitige kreative Herausforderung ist.

Spätestens seit dem 24. April, als das achtstöckige Textilzentrum Rana Plaza in Dhaka, Bangladesch einstürzte und mehr mehr als 1.100 Toten und fast 2.500 Verletzten zu beklagen waren, weiß man nun, dass es um nichts weniger geht als „Humanity in Fashion“. Der Name ist also großartig.

Und großartig ist auch, dass die Firma aus dem hessischen Butzbach erstmals den „Hessnatur Bericht zur Nachhaltigkeit“ veröffentlicht hat. Er baut auf dem jährlichen Sozialbericht für die Fair Wear Foundation und soll Einblick in die Entwicklung der drei Säulen der Nachhaltigkeit geben: Ökonomie, Ökologie und Soziales.

Studiert man den Bericht, wird klar, dass die Sachlage sehr viel komplexer ist, als es sich viele Konsumenten wünschen, die nach dem Unfall in Bangladesh bereit sind, höhere Preise für höhere Löhne und bessere Qualität der Arbeitsbedingungen zu bezahlen. Tasächlich sagt der Preis der Kleidung allein darüber nur wenig aus, wird er doch viel stärker von Faktoren wie Vertrieb, Marketing, Verwaltung oder Lagerkosten bestimmt.

Kein Schneiden, kein Abfall

Darum müssen sich die drei Finalistinnen des Humanity in Fashion Awards, der jetzt während der Berliner Fashion Week verliehen wurde, wohl noch keine allzu großen Gedanken machen. Die 25-jährige Stefanie Stohwasser etwa ist noch Studentin an der Hochschule für Gestaltung Pforzheim und ihre Kollektion „useddesu“ entstand im Rahmen ihres Studiums.

Wie der Titel andeutet, nutzt sie Taschen, Zeltplanen, Decken oder auch mal einen alten Ledersessel, um in ihren Kleidungsstücken nicht nur eine nachhaltige Materialverwertung zu verwirklichen, sondern gleichzeitig auch Erinnerungen an Orte und Zeiten wiederzubeleben und weiterleben zu lassen. Und modische radikal entwirft sie ihre Kleider so, dass Männer wie Frauen sie gleichermaßen tragen können.

Auch Hellen van Rees, Absolventin des Central St. Martins College of Art and Desing in London, recycled. Mit einer eigens entwickelten Webtechnik lässt van Rees aus wiederverwendeten Garnen vielfarbige Flächen entstehen, die an den typischen Chanel-Tweed erinnern. Gewebt wird per Hand in Form: kein Schneiden, kein Abfall. Hellen van Rees ist gewissermaßen ein Recycling-Couturier. Mit Hilfe von dreidimensionalen Tweedkuben gibt sie ihren tendenziell eleganten Kleidern und Kostümen einen avantgardistisch-futuristischen Flair.

Eva Howitz und Frieder Weissbach sind Absolventen der Hochschule für Kunst und Design Burg Giebichstein in Halle an der Saale. Sie erkennen das Thema von Nachhaltigkeit und Authentizität – dieser Begriff gab dem Wettbewerb 2013 sein Motto – im Entdecken und Nutzen lokaler Ressourcen. Sei es für die Gestaltung wie die Produktion ihrer Kollektion, die sie „Sieben Erzgebirge“ tauften. Und so sind Aspekte der Holzschnitzerei des Erzgebirges, der Nussknacker, Räuchermänner und Engel in ihren Röcken und Blusen zu entdecken.

Bei diesen drei überzeugend selbstständigen Positionen kann der Jury aus Modedesignern und Modejournalisten die Preisvergabe nicht leichtgefallen sein. Es war dann Hellen van Rees, der der Humanity in Fashion-Staffelstab übergeben wurde. Man darf auf ihre Capsule Collection gespannt sein.

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1 Kommentar

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  • AU
    Andreas Urstadt

    sustainable supply chain management

     

    (es kann nicht immer ein langer Kommentar sein

     

    uebrigens hiess die security Firma bei amazon hess - was medial ganz anders konnotiert wurde, trotz ueber 50% Migranten als Mitarbeiter - allein der Name ergab nen shitstorm, obwohl die Firma eben aus Hessen war - hier shitstormt nichts - alles weisse Mittelklasse... Bei der Sicherheitsfirma wurde ein bias projiziert... Nur so zur Information)