Hühnern wurden Zehen amputiert: Strafbefehle wegen Tierquälerei
Hühnern wurden die Kämme gekürzt und die Zehen amputiert. Ein Gericht verhängte daher je 13.000 Euro Strafe gegen Chefs von Deutschlands größtem Legehennenzüchter.
Die Agrarindustrie hat einen neuen Skandal. Das Amtsgericht Cuxhaven hat nach eigenen Angaben gegen die beiden Geschäftsführer des größten deutschen Lieferanten von Legehennen Strafbefehl wegen Tierquälerei erlassen. Die Cuxhavener Firma Lohmann Tierzucht (LTZ) hatte teils jahrelang Hühnern Zehen amputiert und Kämme beschnitten.
Auf diese Weise habe das Unternehmen die Hühner zum Beispiel je nach Rasse oder Eierfarbe gekennzeichnet, sagte am Montag Kai Thomas Breas, Sprecher der Staatsanwaltschaft Stade, die die Strafbefehle beantragt hatte. "Kennzeichnung ist für uns kein vernünftiger Grund, den das Tierschutzgesetz verlangt, wenn man einem Wirbeltier länger anhaltende oder sich wiederholende Schmerzen zufügt", erklärte Breas.
Zwar haben die Beschuldigten gegen die Strafbefehle in Höhe von jeweils 13.000 Euro Einspruch eingelegt, sodass diese noch nicht rechtskräftig sind. Deshalb will das Amtsgericht am 2. März über den Fall verhandeln. Aber es ist ein Sieg für Tierschützer, dass ein Gericht überhaupt wegen Tierquälerei gegen die Chefs eines derart wichtigen Unternehmens der Geflügelindustrie eine so hohe Strafe verhängt. Da sie 100 Tagessätze umfasst, müsste sie im Führungszeugnis auftauchen. "Dieser Fall zeigt, dass Tierquälerei in der Massentierhaltungsindustrie System hat", sagte Edmund Haferbeck von der Tierschutzorganisation Peta. Sie hatte die Ermittlungen mit einer Anzeige im März 2008 ins Rollen gebracht.
Die Beschuldigten haben laut Staatsanwaltschaft in den Vernehmungen nicht bestritten, dass ab Januar 2008 in ihrem Auftrag Hühnern bis Dezember 2008 Zehen amputiert und bis September 2010 Kämme gekürzt wurden. Auch der taz ließen sie am Montag nur mitteilen: "Die angesprochenen Praktiken werden nicht mehr durchgeführt." Doch die Lohmann-Leute halten die Maßnahmen nicht für Tierquälerei. Das Beschneiden der Kämme habe den Tieren das Leben erleichtert, weil dieser Körperteil sonst ein Auge verdecke, zitierte Behördensprecher Breas die Firmenchefs.
Ermittlungen wegen des Tötens der meisten männlichen Küken kurz nach dem Schlüpfen hatte die Staatsanwaltschaft dagegen eingestellt. "Etwa die Hälfte der geschlüpften Hühner ist männlich und damit nicht als Legehennen brauchbar. Das kann ein vernünftiger Grund sein", sagte Breas. Fallen ließen die Fahnder auch den Vorwurf, Hühnern seien die Schnäbel gekürzt worden, damit sich die Tiere in engen Ställen nicht gegenseitig verletzten. "Für diese Maßnahme gab es eine mündliche Genehmigung des Veterinäramts."
Über den Ausstieg aus dem Schnabelkürzen, den Amputationen und bei Ferkeln dem Schwänzekupieren will Niedersachsen - das Bundesland mit den meisten Nutztieren - nun mit der Wirtschaft verhandeln. Nur wenn es keinen Konsens gebe, werde es "den Bund und die Länder bitten, diese Ziele durch notwendige Rechtsänderungen zu erreichen", erklärte Agrarminister Gert Lindemann (CDU).
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