Homepage für Fälle von Polizeigewalt: Schutzräume besser sichern
Mit der Website polizeigewalt-melden.de sollen vor allem rassistische Übergriffe bei Polizeieinsätzen in Jugendhilfe-Einrichtungen erfasst werden.

Polizist*innen dringen auch nachts in Jugendhilfe-Einrichtungen für Durchsuchungen ein Foto: dpa / Paul Zinken
BERLIN taz | Menschen, die Opfer von Polizeigewalt werden, wissen oftmals nicht, an wen sie sich wenden können. Zur Polizei selbst zu gehen, erscheint in diesen Fällen als paradox. 2019 hat sich der Arbeitskreis „Schutzräume sichern“ gegründet, um zu erörtern, was es braucht, um Opfern von Polizeigewalt zu helfen. Ausgangspunkt waren dabei vermehrte Meldungen von Sozialarbeiter*innen, die über rassistische Polizeigewalt in Jugendhilfe-Einrichtungen berichteten. Der AK setzt sich aus Mitarbeiter*innen der Beratungsstelle ReachOut, dem Flüchtlingsrat Berlin, weiteren Organisationen und Sozialarbeiter*innen zusammen. Am Mittwoch wurde nun ein Ergebnis präsentiert: die Website polizeigewalt-melden.de.
Die Internetseite soll Menschen die Möglichkeit geben, anonym und auf einfache Weise Gewalttaten von Polizist*innen zu melden. Dazu können Betroffene sieben Fragen beantworten, um ihre Vorfälle zu schildern. Am Ende werden sie an Beratungsstellen geleitet, die sie bei all ihren Fragen unterstützen.
Parto Tavangar von ReachOut erklärt, dass sich vor allem Fälle von rassistischer Polizeigewalt in Jugendhilfe-Einrichtungen häufen. Dabei seien laut Tavangar oftmals unbegleitete minderjährige Geflüchtete betroffen. „Es trifft meist Jugendliche, die ohnehin schon durch Fluchterfahrungen und negative Vorfälle mit deutschen Behörden traumatisiert sind.“ Dabei sollte die Jugendhilfe diese Menschen doch besonders schützen und stabilisieren.
Schutzräume werden Tavangar zufolge durch die Polizei regelmäßig zerstört: Sozialarbeiter*innen berichten davon, dass Polizist*innen ohne vorherige Ankündigung und teilweise nachts in Einrichtungen eindringen und Durchsuchungen vornehmen. Nicht selten soll es dabei zu gewalttätigen Übergriffen gegenüber Bewohner*innen kommen.
Forderungen an Senatsverwaltung und Berliner Polizei
Der Arbeitskreis stellt klare Forderungen an Senatsverwaltung und Polizei: Polizeiliche Durchsuchungen in Jugendhilfe-Einrichtungen sollen in Zukunft nur mit Durchsuchungsbeschluss und in vorheriger Absprache und mit Anwesenheit von Sozialarbeiter*innen erfolgen. Klare Regeln, in welchen Fällen und wann die Polizei in die Einrichtungen darf, seien notwendig. Nächtliche Durchsuchungen sollen verboten werden. Darüber hinaus fordern die Sozialarbeiter*innen, dass Polizist*innen im Umgang mit Menschen mit Fluchterfahrung besonders geschult werden.
Die neue Website ist noch ein Pilotprojekt mit Berlin-Fokus, soll aber als Anreiz für eine bundesweite Meldestelle dienen.