■ Holzmann-Pleite: Die Verflechtung von Konzernen und Banken: Der deutsche Filz
Der Baukonzern Philipp Holzmann wird heute zum Konkursrichter gehen. Je nach Rechnung sind bis zu 70.000 Arbeitsplätze beim Konzern, seinen Zulieferern und Subunternehmen gefährdet. Am Pranger stehen nun die Banken, und das ist richtig so.
Auf die Nieten aus den Frankfurter Bankenpalästen schlägt es sich natürlich immer wohlfeil ein, wenn sie sich – wie Sonntagnacht – weigern, drei Milliarden Mark aus ihren gut gefüllten Schatullen bereitzustellen, um das angeschlagene Traditionsunternehmen zu retten. Doch nicht die geplatzte Einigung der Kreditgeber ist der Skandal. Schließlich kann es einem soliden Finanzmann niemand verdenken, wenn er sich weigert, in einen hoffnungslos überschuldeten Konzern noch einmal ein paar hundert Millionen Mark hineinzupumpen. Und wie viel der Holzmann-Konzern wirklich noch wert ist, weiß niemand. Das wird sich erst klären, wenn der kommende amtlich bestellte Konzernliquidator die Trümmer zum Verkauf anbietet.
Nein, die Holzmann-Krise liegt im deutschen System begründet. Da saßen die großen Banken seit eh und je im Aufsichtsrat der Baufirma. Da gibt es Wirtschaftsprüfer, die für sie die Bilanzen prüfen. Wie bei vielen Skandalen in letzter Zeit, von der Metallgesellschaft bis zu den verschwundenen Immobilienmilliarden bei der HypoVereinsbank, hat niemand von diesen feinen und gut bezahlten Konzernaufsehern angeblich je etwas gemerkt von den Bilanzfälschungen ganzer Konzernabteilungen. Holzmann expandierte seit den 80er-Jahren auf Teufel komm raus, der Aufsichtsrat stimmte zu. Und kein Aufsichtsrat wird zur Rechenschaft gezogen werden.
Die deutsche Großindustrie ist in einzigartiger Weise mit den Großbanken und Versicherungskonzernen verflochten. Wenn innerhalb dieses eh schon bedenklichen, weil auch politisch eminent einflussreichen Knäuels erwiesenermaßen die Kontrolle nicht funktioniert – ließe sich die Empörung über die Holzmann-Pleite nicht für ein kleines Reförmchen nutzen? Große Kreditgeber raus aus dem Aufsichtsrat und weniger Möglichkeiten zum Jonglieren mit Zahlen in den veröffentlichungspflichtigen Bilanzen? Schön wär's, wird aber nicht passieren. Denn Offenheit fürchten die deutschen Wirtschaftslenker noch viel mehr als gelegentliche Milliardenausfälle. Die kann man schließlich von der Steuer abschreiben, und die Arbeitslosen muss auch der Staat durchfüttern, nicht die Banker in Frankfurt.
Reiner Metzger
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen