Hohe Baukosten: Eine Bühne für die CDU
CDU und Bürger in Wut beantragen einen Untersuchungsausschuss zur Aufklärung der Probleme beim Klinik-Neubau.
BREMEN taz | Die CDU-Bürgerschaftsfraktion macht ihre Drohung wahr: Am gestrigen Donnerstag hat sie gemeinsam mit den Bürgern in Wut (BIW) die Einrichtung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses beantragt, um die Ursachen für die Bauverzögerung und Kostenexplosion des Klinik-Neubaus Bremen-Mitte aufzuklären.
Die Baukosten, anfangs mit 230 Millionen Euro beziffert, haben die 300-Millionen-Grenze bereits überschritten, die Eröffnung des neuen Krankenhauses findet erst 2017 statt – drei Jahre später als geplant (die taz berichtete).
Laut CDU-Fraktionschef Thomas Röwekamp wäre ein Untersuchungsausschuss nicht notwendig, wenn der parteilose Gesundheitssenator Hermann Schulte-Sasse den von der CDU Mitte Mai eingereichten und aus 24 Punkten bestehenden Fragenkatalog beantwortet hätte: „Der Senator fand unsere Fragen zwar berechtigt, hat aber dennoch nicht hinreichend Auskunft erteilt“, begründet Röwekamp die Entscheidung für den Antrag. Die Einrichtung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses bedeute zwar Verwaltungsaufwand und -kosten, „aber es muss einen politischen Fehler geben, der gefunden werden muss“. Weder Schulte-Sasse noch Finanzsenatorin Karoline Linnert (Die Grünen) trügen dazu bei. Aufgrund der nur noch acht Monate währenden Legislaturperiode hätten sich CDU und BIW auf die wesentlichen Probleme der Kostensteigerung und der Bauzeitverzögerung beschränkt, „um aus den Erkenntnissen gegebenenfalls Konsequenzen für künftige Vorhaben ziehen zu können“.
Die Linksfraktion hält einen Untersuchungsausschuss indes für überflüssig. Die Probleme beim Klinik-Neubau müssten vom Senat aufgeklärt werden, so der Linken-Abgeordnete Peter Erlansson, aber der Versuch, Ursachen für Bauverzögerungen und Mehrkosten zu vertuschen, sei nicht erkennbar. Vielmehr rückten durch die Diskussion über die Kosten gravierendere Probleme in den Hintergrund: „Wenn es um die katastrophale Patientenversorgung in den Bremer Kliniken ginge, dann wäre ich sofort für einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss.“ Seine Fraktionskollegin Claudia Bernhard vermutet, dass die CDU lediglich „eine neue öffentliche Bühne sucht“. Hier setze nicht die Opposition eine öffentliche Aufklärung durch, „sondern die CDU gönnt sich einen Untersuchungsausschuss“. Die Unterstützung der Linkspartei werde sie dabei nicht bekommen. Dank der Hilfe der beiden BIW-Abgeordneten benötigt die CDU die auch nicht: Gemeinsam verfügen sie über 22 der insgesamt 83 Bürgerschafts-Sitze. Das ist das für die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses notwendige Viertel der Abgeordnetenstimmen.
Die Grünen wollen sich laut Fraktionssprecher Matthias Güldner „tatkräftig an der Aufklärungsarbeit des Untersuchungsausschusses beteiligen“, wenngleich sie der Meinung sind: „Die von der CDU gestellten Fragen zum Teilersatzneubau des Klinikums Bremen-Mitte wurden vom Senat sowohl in der Deputation als auch im Haushalts- und Finanzausschuss ausführlich beantwortet.“
Björn Tschöpe, Vorsitzender der SPD-Bürgerschaftsfraktion betont, dass die Forderung nach einem Untersuchungsausschuss „das gute Recht der Opposition“ sei, „aber immer auch Ultima Ratio“. Eine detaillierte Diskussion des CDU-Fragenkatalogs in den zuständigen Gremien sei allerdings noch überhaupt nicht möglich gewesen.
Damit folgt die SPD dem Gesundheitssenator. Der verspricht in einer Stellungnahme, dass „die Gesundheitsbehörde und die Gesundheit Nord den Ausschuss in seiner Arbeit mit allen Kräften unterstützen wird“, macht aber keinen Hehl aus seiner Verwunderung über den Antrag: Die Antworten auf den Fragenkatalog der CDU seien erst in der vergangenen Woche der Gesundheitsdeputation und dem Haushalts- und Finanzausschuss übergeben worden. Eine parlamentarische Debatte sei für die Bürgerschaftssitzungen im Juli geplant: „Diese Debatten wartet die CDU-Fraktion gar nicht erst ab.“ Auch vom Recht auf Akteneinsicht zum Thema Klinik-Neubau habe die CDU bisher nicht Gebrauch gemacht.
Offenbar will die CDU das ohne den Untersuchungsausschuss auch gar nicht, denn „wir hoffen, den Ausschuss schon übernächste Woche einsetzen zu können“, so Röwekamp. „Dann können wir in der Sommerpause die Akten sichten.“ Jörg Kastendiek, CDU-Landesvorsitzender, ist überzeugt: „Nur durch unseren Fragenkatalog und die mehrmalige Androhung eines Untersuchungsausschusses ist man überhaupt bereit, gewisse Dinge aufzuklären – Druck scheint hier offenbar erforderlich zu sein.“
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