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■ URDRÜS WAHRE KOLUMNEHöllen-Mimikry

In einem Kaufhaus-Schaufenster an der Obernstraße hockt ein elektronisch animiertes Monstrum im Oma-Look nach Art von Käte Kruse und plappert halbwegs lippensynchron das Märchen von Schneeweißchen und Rosenrot. Ein ganz auf Oililly getrimmtes Zopfmädchen von etwa 5 Jahren vermag der Vorführung nur wenig Geschmack abzugewinnen und keucht unentwegt „Das ist keine richtige Oma, das ist keine richtige Oma“. Die dazugehörige Mutter in Jill Sander-Eleganz hält dem Kind mit nur notdürftig kaschiertem Würgegriff den Mund zu und beteuert in gnadenloser Penetranz „Das ist sehr schön, Jessica“. Ist es denn ein Wunder, daß immer mehr Babies darauf bestehen, von hirntoten Gebärmütterchen ausgetragen zu werden?

Mit routiniertem Eifer zählt der werte Kollege Martin Globisch zweimal wöchentlich im Kampfblatt des Klaus Peter Schulenberg auf, wer wann und wo mit wem zwei Bier getrunken hat: Was dabei rauskommt ist Bremens Gesellschaft privat. Im Freimarktzelt traf sich jetzt der Kripochef mit dem Zaunbau-Unternehmer und der Bordellchefin und dem Landesbanker und dem Bananen-Großhändler und irgendwann rollte auch noch der Parlamentarische Staatssekretär Bernd E. Neumann vor den Notizblock des Faktotums dieser feinen Welt. Ach Bremen, Duodez der Kaputtnicks-hier ist der Stil zu Haus, Noblesse und Charme. Auf ewig, ewig eigenständigs Bundesländle...

Warnung! Die Gegenreformation hat Bremen erreicht! Ausgerechnet in der Martin Luther- Kirche zu Findorff zelebriert am Sonntag der katholische Bischof Hans Joachim Jaschke (verwandt? verschwägert?) eine Messe. Ist dies noch Ökumene? Wird der nächste Papst im Bleikeller ausgewürfelt? Protestanten, seid wachsam!

Manche halten die Deutsche Presseagentur für seriös. Und doch meldet dpa dieser Tage zum Tode des Papagei von Urwalddoktor Albert Schweitzer, „daß dieser sprachbegabte Vogel nicht nur Französisch und Schweizer Dialekt, sondern auch mehrere afrikanische Sprachen beherrschte“. Wer einmal lügt, wie soll man dem sonst glauben?

DGB-Chef Siegfried Schmidt geht, und das bringt sein Foto mal wieder in die Medien. Und sofort fällt einem wieder auf, daß Haar-und Barttracht, Physiognomie und Sprachduktus dieses Arbeiterführers einer hundertfach hergestellten und vertriebenen Blaupause des Typs Gewerkschaftsfunktionär entsprechen: Der nächste wird vermutlich haargenau so aussehen. Frau als Bewerberin sollte sich schleunigst um einen versierten Maskenbildner bemühen, dann klappt das diesmal mit dem gewerkschaftlichen Feminat.

Das Wort zum Wochenende spricht in dieser Woche Herr Theodor Adorno aus dem Mund von Helga Trüpel via Bremer Kirchenzeitung zu uns: Sie wünscht sich „eine Welt, in der man ohne Angst verschieden sein kann.“ Sollte man auch den Mädchen von der Friesenstraße ins Poesiealbum schreiben, wenn die Ampel sie demnächst durch immer neue Höllen hetzt. Ulrich Reineking-Drügemöller

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