Hochzeit William & Kate: Maggie Thatchers stolze Kinder

Beim Jubel um William und Kate verehren die Briten keine entrückte Aristokratie, sondern sie feiern die Rückkehr ihres Königshauses in die Mitte der Gesellschaft.

Perfekt inszeniert bis zum öffentlichen Knutscher auf dem royalen Balkon. Bild: dapd

Als im September 1997 Prinzessin Diana beigesetzt wurde, wankte die britische Monarchie. Die Queen schien verstummt und entrückt; Premierminister Tony Blair verkörperte die aufgewühlte Seele einer um ihre "Prinzessin der Herzen" trauernden Nation. Im April 2011, zur Hochzeit des Thronfolgers Prinz William, ist Blair so sehr in der Versenkung verschwunden, dass er nicht einmal eingeladen wurde; die königliche Institution hingegen zeigt sich in voller Blüte.

Das Volksfest im Londoner Zentrum mag in fremden Ländern Anlass zur Vermutung geben, die Briten seien hoffnungslos unterwürfig und huldigten hirnlos einem versnobten und geistig noch im Mittelalter feststeckenden Adel. Das ist Unsinn; diese Mentalität ist höchstens bei einschlägig verblödeten US-Amerikanern und Deutschen festzustellen.

Theatralik gehört zum Spiel

Die Engländer sind gemeinhin souveräner. Sie wissen, dass die Theatralik dieser Royals einfach ein Spiel ist, nicht das wirkliche Leben, und zwar ein meisterhaft inszeniertes Spiel, dessen Sinn vor allem in der so mühelos daherkommenden Meisterhaftigkeit besteht. Wenn Großbritannien die Hochzeit von William & Kate feiert, feiert es die gelungene Inszenierung von Perfektion.

Mit Adel hat das auch deswegen nichts zu tun, weil die Briten schon lange keine Verehrung für den Adel mehr an den Tag legen. Die Herrschaft der Aristokratie starb mit dem Empire. Unterwürfigkeit in der britischen Politik ging mit der Ära Thatcher zu Ende: die Krämerstochter, die in den 1980er Jahren das konservative Establishment bezwang, alte Zöpfe abschnitt und in der politischen Kultur die Strebsamkeit der Mittelschicht an die Stelle der hirnlosen Wahrung von Tradition stellte.

Margaret Thatcher legte das Fundament des modernen Großbritanniens, das von ihren Nachfolgern John Major und Tony Blair weiter aufgebaut wurde: einer Gesellschaft, die sich selbst für klassenlos hält und das Denken in Klassen und Privilegien abgeschüttelt hat, auch wenn in der Realität davon noch viel vorhanden ist.

Allüren vergangener Generationen begraben

William & Kate sind Kinder der 1980er Jahre, und mit ihnen erreicht die Thatcher-Ära auch das Königshaus. Kate Middleton, die erste Kronprinzessin ohne jeglichen aristokratischen Hintergrund, verkörpert das individuelle Vorkommen, den universellen Traum von Aufstieg und Erfolg. Sie ist keine Diana, erst leidende Ikone, dann skandalumwitterte Celebrity und schließlich lebende Heilige. Sie tritt als normal und unkompliziert auf, sie begegnet den Menschen auf Augenhöhe, und das gilt auch umgekehrt.

Außerdem wird das House of Windsor immer englischer. Längst vorbei ist die Praxis vergangener Jahrhunderte, das Europas Königshäuser mit Vorliebe ineinander einheirateten; der letzte deutsche Kaiser war mütterlicherseits der Enkel von Queen Victoria und wurde nur deshalb nicht britischer König, weil die britische Thronfolge männlich war und ist. Erst Diana und jetzt Kate haben die Familie wieder zu einer englischen Familie gemacht, was nicht aus nationalistischen Gründen wichtig ist, sondern weil damit die Hoffnung verbunden wird, dass sie so normal ticken wie der Rest des Landes und seltsame Allüren vergangener Generationen begraben.

Die Institution Monarchie wird durch all dies geerdet und zurück in die Mitte der Gesellschaft geführt, mit möglicherweise weitreichenden Folgen. Diese gelungene Metamorphose ist für Briten durchaus Anlass zu Stolz, vor allem verglichen mit den ewigen Selbstfindungskrisen der Politik in so mancher vermeintlich reiferen Republik. Schließlich hat die britische Monarchie durchaus reale Macht. Nicht das Volk ist in Großbritannien der Souverän, sondern die Krone, und sie ist im Laufe der Jahrhunderte zu einem der effizientesten Herrschaftsapparate auf der Welt geworden.

Alles, was der britische Staat an Macht ausübt, tut er im Namen der Krone, und zwar am effektivsten dann, wenn es am geräuschlosesten geschieht. Kein britischer Prinz würde auf die Idee kommen, eine Doktorarbeit zu schreiben - oder gar schreiben zu lassen. Sie dienen alle im Militär, machen sich selbst die Hände schmutzig, heiraten in Uniform und lassen sich von tief fliegenden Luftwaffengeschwadern feiern. Und das frischvermählte Paar kehrt jetzt auf die walisische Insel Anglesey zurück, wo Prinz William als Rettungshubschrauberpilot dient.

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