Hochwasser in Deutschland: Rekordflut an der Saale
In Halle steht die Saale so hoch wie seit 400 Jahren nicht mehr. Rund 30.000 Menschen sollen ihre Häuser verlassen. Gefahr droht auch in Dresden.
BERLIN/DRESDEN dpa | Die Pegelstände der Elbe steigen und steigen, in Bayern und Thüringen dagegen stabilisiert sich die Hochwasserlage allmählich. In Dresden mussten immer mehr Menschen ihre Häuser verlassen, Mittwochmittag kletterte das Elbe-Wasser dort auf 8,43 Meter.
In Halle in Sachsen-Anhalt erreichte die Saale den höchsten Stand seit 400 Jahren, wie ein Sprecher des Krisenstabs sagte. Rund 30.000 Menschen wurden aufgefordert, ihre Häuser zu verlassen. Am Pegel Halle-Trotha lag sie bei 8,09 Metern. Notquartiere wurden eingerichtet. Die Dämme seien durchgeweicht, Wasser trete an Sickerstellen aus und teils über die Deiche. „Das Wasser läuft auf die ersten Häuser zu“, sagte Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos).
Wegen des erwarteten Rekordhochwassers der Elbe herrschte im niedersächsischen Landkreis Lüchow-Dannenberg Katastrophenalarm. Die Hochwasserlage in Brandenburg spitzte sich ebenfalls zu.
In Dresden lief am Mittwochmorgen ein Einsatz, um 660 Menschen im Stadtteil Gohlis in Sicherheit zu bringen. Die Vorsichtsmaßnahme hatte am Vortag begonnen. Vor allem im Osten der Stadt könnten weitere Evakuierungen hinzukommen, sagte ein Sprecher. Das Landeshochwasserzentrum erwartet für Donnerstagmittag bis zu 8,80 Meter, normal sind etwa zwei Meter.
Das Hochwasser der Elbe werde aber dort die Dimension der Flutkatastrophe von 2002 nicht ganz erreichen. „Wir gehen von neun Meter plus aus, die 9,40 Meter sind inzwischen ausgeschlossen“, sagte der Referatsleiter im Umweltministerium, Martin Socher, am Mittwoch.
Gastanks treiben auf der Elbe
Von Tschechien wurden auf der Elbe mehrere Gastanks und Container nach Sachsen mitgerissen. Es soll sich dabei aber nicht um Gefahrgut handeln. Die Behälter seien aus dem Hafen von Décin in Tschechien weggeschwemmt worden, teilte das Landratsamt in Pirna in Sachsen mit. Einer davon sei bereits gesichert. Die anderen Behälter trieben kurz vor Mittag im Raum Bad Schandau.
Der Scheitel der Elbe ist laut sächsischem Umweltministerium bisher noch nicht im tschechischen Usti durchgelaufen. Dort überflutete das Hochwasser weite Teile der Industriestadt. Bis zum Abend sollte die Elbe in der Stadt mit fast 100.000 Einwohnern nach Behördenangaben weiter ansteigen. Erwartet wird ein Pegelstand zwischen 11,1 und 11,5 Metern, normal sind an dieser Stelle im Norden des Landes etwa zwei Meter. In Prag begann sich die Lage langsam zu entspannen, das U-Bahnnetz im Zentrum blieb aber geschlossen.
Entlang der Elbe droht Niedersachsen zum Wochenende ein Rekordhochwasser. In Hitzacker im Landkreis Lüchow-Dannenberg liefen die Vorbereitungen, dort gilt seit Dienstagabend Katastrophenalarm. „Wir werden Sandsäcke auf die Deiche bringen, um gegen höhere Wasserstände gewappnet zu sein. Mehr können wir im Moment nicht machen“, sagte der Bürgermeister der Samtgemeinde Elbtalaue, Jürgen Meyer. Sorge vor einem ähnlichen Ausmaß des Hochwassers wie vor elf Jahren habe er nicht. „Wir haben eine andere Situation. 2002 hatte Hitzacker keinen Hochwasserschutz.“
Helfer versuchen Deichbruch zu verhindern
In Halle an der Saale standen einige Straßenzüge unter Wasser. Außerdem wurde die Strom- und Gasversorgung teilweise abgeschaltet. Am Gimritzer Damm versuchten Hunderte Einsatzkräfte, einen Deichbruch zu verhindern. Die Stadt empfahl Bewohnern der südlichen und östlichen Teile von Halle-Neustadt sowie der Klaustorvorstadt, ihre Häuser zu verlassen.
In Bitterfeld hatte die Sprengung eines Deichs am Seelhausener See nicht die erhoffte Entlastung gebracht. Wie ein Sprecher des Krisenstabs am Mittwochmorgen sagte, sei der Druck auf den See zwar nicht mehr so groß, er fülle sich aber immer noch.
Die Hochwasserlage in Brandenburg verschärfte sich. An der Schwarzen Elster gab es bei Herzberg einen ersten Deichbruch. Für die Elbe im Bereich des Landkreises Elbe-Elster wurde am Mittwochvormittag die höchste Alarmstufe 4 ausgerufen, teilte das Innenministerium mit. Der Wasserstand erreichte in Mühlberg am frühen Morgen 8,80 Meter. Bei der Rekordflut vom August 2002 waren es 9,98 Meter.
In Bayern stabilisiert sich die Situation langsam, Entwarnung konnte aber noch nicht gegeben werden. In Passau gab es für die meisten Bewohner wieder Trinkwasser, wie ein Stadtsprecher sagte. Die Menschen der Drei-Flüsse-Stadt hatten in den vergangenen Tagen das schlimmste Hochwasser seit mehr als fünf Jahrhunderten durchleben müssen. In Straubing und Deggendorf stagnierten am Mittwochmorgen die Pegelstände, wenn auch auf hohem Niveau. Die Lage entlang der Donau in Österreich blieb äußerst angespannt.
Auch aus Thüringen zog sich das Wasser langsam zurück. Die Kommunen begannen mit den Aufräumarbeiten und listeten die Schäden auf. Für eine genaue Bilanz sei es aber noch zu früh, sagten die meisten Städte in einer Umfrage der Nachrichtenagentur dpa. In Baden-Württemberg ging das Hochwasser ebenfalls weiter zurück.
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