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Hits für Deutschland

■ Wenn der Kohlmarkt zusammenbricht TAZ-WETTBEWERB „BEWEGUNG 3. OKTOBER“

Täglich in der taz, heute zum vorletzten Mal: Die wahnsinnigen Vorschläge unserer LeserInnen zum Tag der deutschen Einheit. Mitmachen lohnt jetzt nicht mehr: Bis zur nächsten taz hat die „Bewebung 3. Oktober“ schon zugeschlagen.

Um uns für den nun folgenden DDR-Vorschlag zur Einheitsfeier einzustimmen, stellen wir uns vor, wie salbungsvoll der weißblonde (Wasserstoff?) Newcomer der Rap'n-Ditschko-Musik Heino sein Image als des Volkes Sänger aufmöbelt. Allein die Worte lassen Freude aufkommen. Sein „Hit für Deutschland“ aus der neuesten Platte: „Freiheit und Gerechtigkeit“: Wenn der letzte Steiein der Mauer nicht mehr steht (plingpling) und die rote Sonne sterbend untergeht(jauaaaul) — wenn sich Menschen gleicher Sprache wiederseh'n und die Freudentränen in den Augen steh'n (plätscher) — wenn ein neuer Morgen winkt nach schwerer Zeit, ist es soweit... Denn Freiheit und Gerechtigkeit und Einigkeieit (dschingderassa) kommen nun in unser Land (bumm), nur Freiheit und Gerechtigkeit uhuhnd Einigkeit, wieie wir sie nie (ja nie) gekannt. Die Sonne scheint auf uhunser Laaaand — aufs neu vereint durchs Freundschaftsbahahahahand (juche).

Hier nun O. Mertens Festprogramm zum Mitmachen: Im Morgengrauen prozessieren Hunderte von Ostberliner BockwurstbudenbesitzerInnen zum Brandenburger Tor und mauern mit Ziegeln gegen die „türkische Eßunkultur“, die der mit Bockwürsten verdorb... äh, verwöhnte Ostmagen noch nicht gewöhnt ist. Die JugendredakteurInnen stürmen in historischen Gewändern der Zeit des Sturms auf das Winterpalais den RIAS, während die tazlerInnen ihr Sonderblatt feilbieten und ankündigen, daß die taz für Ex-DDRler, heute also Noch-DDRler, in Zukunft von der Bundesdruckerei im Layout von Bundesdrucksachen gefertigt werde (altes oder neues Layout? Die Frage erübrigt sich, da das neue fälschungssicher ist). Gegen 15 Uhr kündigt sich ein spektakulärer Agrarbörsenkrach an: Der Kohlmarkt bricht zusammen, gleichzeitig verfaulen auf dem Alex 1.990 Tonnen Birnen. Eineinhalb Stunden später verkündigt Waigel überraschend, daß die italienische Lira offizielles Zahlungsmittel wird, untermalt von 99 bayrisch-thüringisch vereinigten Blaskapellen „gegen böhmische Überfremdungstendenzen“. Die Feierlichkeiten dauern an, Kinder in Ost und West (huch - solche geographischen Einordnungen gelten um diese Uhrzeit inzwischen als revanchistisch) erfreuen sich an Pumuckl, Alf und Schnatterinchen, bis der Gau um 2.15 Uhr in Bitterfeld den Festivitäten endgültig keinen Abbruch mehr antun kann. Nu feiert mal schön.

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