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Historikerbericht über NSDAP-MitgliederNazis in Nachkriegsministerien

Wie viele Nazis ihre politische Karriere nach 1945 weiterverfolgten, wurde nun fürs Innenministerium nachgewiesen. Teilweise lag der Anteil bei 66 Prozent.

Akten lügen nicht: Zahlreiche NSDAP-Mitglieder waren in Nachkriegsministerien beschäftigt. Foto: dpa

Berlin dpa | In den Innenministerien der Bundesrepublik und der DDR haben in den Nachkriegsjahrzehnten mehr ehemalige Nazis gearbeitet als bisher angenommen. Das geht aus dem Abschlussbericht einer Historikerkommission hervor, der am Mittwoch in Berlin vorgestellt wurde.

Bei der Belegschaft des Bundesinnenministeriums in Bonn lag der Anteil ehemaliger NSDAP-Mitglieder demnach zeitweise bei 66 Prozent. Auch im Ministerium des Innern in Ost-Berlin habe der Wert mit einem Anteil von 14 Prozent deutlich über den DDR-internen Statistiken gelegen. Offenbar hätten beide deutsche Staaten nicht auf die Berufserfahrung des verwaltungsmäßig geschulten Personals verzichten wollen, heißt es in dem rund 150-seitigen Bericht.

Die direkte personelle Kontinuität vom nationalsozialistischen Reichsinnenministerium (RMI) zum westdeutschen Bundesinnenministerium war nach den Erkenntnissen der Forscher jedoch gering. Zwar habe der Anteil früherer RMI-Beschäftigter anfangs bei 23 Prozent gelegen, seit 1961 sei er jedoch unter der 10-Prozent-Schwelle geblieben.

Gleichzeitig seien im Bonner Ministerium aber auch einzelne Personen eingestellt worden, „die nach heutigem Verständnis als NS-Täter bezeichnet werden müssen“. Auch zeigten sich nach 1945 „klare Hinweise auf fortbestehende antisemitische Grundhaltungen“ sowie „Kontinuitäten bei der obrigkeitlichen Zensurpraxis“.

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3 Kommentare

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  • Wer von den Nazis raus geschmissen wurde aus dem öffentlichen Dienst, der blieb nach dem Krieg draußen, hat seinen Posten nicht zurück bekommen. Und die (meisten) die unter den Nazis gut Karriere gemacht haben konnten die Posten behalten.

    Ich rede nicht von den paar einzelnen Spitzenleuten denen ein Prozess gemacht wurde, sondern von der Masse der Leute auf den mittleren Ebenen, die aber durchaus Einfluss und Gestaltungsmöglichkeiten bei den alltäglichen Details in ihrem Bereich haben, nicht nur, aber auch bei der Nachwuchsförderung und -auswahl.

     

    Das werden sich die Beamten sicher merken, wenn das nächste mal eine "nicht so schöne" Regierung dran sein sollte und man sich entscheiden muss ob man mit den Wölfen heult oder ob man sich aus dem Amt werfen lässt.

  • "Auch im Ministerium des Innern in Ost-Berlin habe der Wert mit einem Anteil von 14 Prozent deutlich über den DDR-internen Statistiken gelegen."

     

    Die Ossis wußten oder ahnten das. Diesen Etikettenschwindel im "Ersten Antifaschistischen Staat auf Deutschem Boden". Das wirkt nach bei vielen Menschen in Ostdeutschland. "Früher haben sie uns beschissen, jetzt ist es noch viel schlimmer!" So ein ostdeutscher Freund des Jahrgangs 1944.

  • TJA; ES LÄSST UNS NICHT LOS die DDR Volkskammer 1956 war mit 56% Abgeordneten braun im SSD waren überiegend ehe Nazischergen tätig also hau ich meinen Nazi, hau ich deinen Nazi!