Historiker über Tapferkeitsorden: "In mir sträubt sich alles dagegen"

Peter Steinbach, Leiter der Gedenkstätte Deutscher Widerstand, will lieber Zivilcourage auszeichnen als Tapferkeit.

taz: Herr Steinbach, braucht die Bundeswehr einen Tapferkeitsorden?

Peter Steinbach: Ich halte die Vorstellung, dass man soldatische Tapferkeit besonders auszeichnen sollte, nicht nur für überholt, sondern sie läuft auch schief. Wenn unsere Soldaten Bürger in Uniform sind, dann sollten sie nicht für Tapferkeit, sondern für Zivilcourage ausgezeichnet werden. Dafür aber gibt es das Bundesverdienstkreuz. In mir sträubt sich angesichts der Vorgeschichte der Bundeswehr alles dagegen, eine soldatische Haltung, die man Tapferkeit nennt, auszuzeichnen.

Und wenn der Orden auch an zivile Wiederaufbauhelfer verliehen würde?

Ich möchte erst einmal wissen, wer über den besonderen Mut entscheidet, der belohnt werden soll. Würden auch Soldaten ausgezeichnet, die sich ihrem Kameraden in den Weg stellen, der bei etwa einer Hausdurchsuchung Menschen erschießen will?

Es dürfte um Situationen gehen, wo etwa Menschen aus brennenden Fahrzeugen gerettet wurden.

Das müsste für professionell ausgebildete Soldaten eine Selbstverständlichkeit sein. Ich bin gegen diese inflationierte Selbstläufigkeit von Ehrbekundungen, wo am Ende fast jeder schließlich am 65. Geburtstag einen Orden bekommt.

Verdienen die zunehmenden Risiken, denen die Bundeswehr ausgesetzt wird, keine symbolische Würdigung?

Durch Orden produzieren wir symbolisch Unterschiede. Wir erkennen endlich, dass der Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan höchst gefährlich ist. Also versuchen wir durch symbolische Mittel, uns zu besänftigen. Aber das ist ein Ausdruck der Hilflosigkeit und der Zwänge, die Regierung und Parlament durch ihre eigenen Entscheidungen herbeiführen.

Was empfehlen Sie?

Mutig wäre es, den Eltern der Soldaten zu sagen, dass man nicht sicher ist, ob man ihre Kinder lebend wieder nach Hause bringt, aber dass man es mit allen Mitteln versucht. Das wiegt schwerer als ein Orden.

INTERVIEW: ULRIKE WINKELMANN

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