Hintergrund einer Kurzmeldung: Baby mißhandelt
■ Unvollständige Meldung über „Flieger-spiel“-Opfer sorgt für Verwirrung
„Kann ich denn überhaupt noch das Baby meines Kumpels in die Luft werfen“, fragte sich konsterniert ein Kollege am gestrigen Morgen. Schockiert war der Mann von einer Meldung der Deutschen Presse Agentur, die am Donnerstag in dieser Zeitung zu lesen war. Ein 24jähriger aus Nordenham habe bei einem „Fliegerspiel“ den neun Monate alten Sohn seiner Lebensgefährtin so schwer verletzt, daß das Baby zwei Tage später an Hirnblutungen starb. Dafür wurde er zu sechs Jahren Haft verurteilt.
„Da spielst Du mit dem Kind und kannst dafür in den Knast kommen“, so die erste Reaktion des Kollegen. Die Wahrheit ist jedoch eine andere. Mit einem Unfall beim Spiel hatte das, was das Oldenburger Landgericht als erwiesen angesehen hat, nichts zu tun, wenn es sich auch in der dpa-Meldung anders liest.
Das Kind wurde massiv mißhandelt, stellten die Richter fest. Die Geschichte vom „Fliegerspiel“ sei nur eine Schutzbehauptung gewesen, heißt es zur Klärung aus der Pressestelle des Landgerichts. Die Hirnblutungen seien durch kräftiges Vor- und Zurückschütteln mit erheblicher Beschleunigung ausgelöst worden. Wie der medizinische Gutachter in der Verhandlung deutlich gemacht habe, sei das Schütteln derart heftig gewesen, daß es auch für den Laien hätte bedrohlich erscheinen müssen. Auch der jetzt Verurteilte hätte die Gefahr sehen müssen, dem Säugling das Genick zu brechen. Die medizinischen Befunde an der Kinderleiche seien jedenfalls aus einem „Fliegerspiel“ nicht erklärbar. Obwohl das Kind nach der Mißhandlung Lähmungserscheinungen zeigte, brachten es Mutter und Freund erst Stunden später ins Krankenhaus.
Weiterhin hatten die Mediziner an dem Baby auch andere Verletzungen entdeckt. Diese lassen darauf schließen, daß das Kind schon vorher mißhandelt worden sei. Mit dem von der Mutter und ihrem Freund zur Erklärung angeführten Sturz ließen sie sich zumindest nicht erklären. Das Urteil erging wegen vorsätzlicher Körperverletzung mit Todesfolge.
Kinder sanft durch die Luft zu werfen oder an ausgestreckten Armen kreisen zu lassen, ist also weder lebensgefährlich noch strafbar. Aber Vorsicht ist angebracht, auch wenn die Kleinen das „Fliegerspiel“ noch so lieben. jof
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