■ Hinterbank: Schweigen ohne Befehl
Die Christdemokraten sind diszipliniert. Die Basis muckt selbst auf Parteitagen kaum auf, obwohl ja gerade hier diskutiert werden sollte. Die bislang streitsüchtigen Sozialdemokraten haben am Wochenende nun erstmals seit langer Zeit die konservative Konkurrenz in der Disziplin des Gehorsams aus dem Feld geschlagen.
Der Fachausschuß Umwelt und Verkehr hatte auf dem Parteitag einen Antrag gegen den Bau eines Großflughafens in Sperenberg gestellt. Dieser Standort sei wirtschaftlich unsinnig und ökologisch nicht vertretbar, hieß es darin. Doch in der Kongreßhalle am Alexanderplatz ging an diesem Freitag abend niemand gegen Sperenberg in die Bütt. Der Vorsitzende des Fachausschusses, Manfred Breitenkamp, und sein Stellvertreter, Rolf Kreibich, fehlten entschuldigt. Sie mußten bei einer Podiumsdiskussion in Steglitz für die SPD-Verkehrspolitik streiten – nun wahrlich keine leichte Aufgabe. Auch der umweltpolitische Sprecher der Fraktion, Holger Rogall, war entschuldigt verhindert. Nur der energiepolitische Sprecher der Fraktion, Peter Meyer, war vorhanden, der immerhin über sich behauptet: „Ich will die Welt retten, ich halte nichts von Großflughäfen.“ Wo aber steckte der Mann in diesem Moment?
Das sei eine „sehr kluge Frage“, meinte Meyer später. Die Fusion von Berlin und Brandenburg sei ganz wichtig, sagte er, und Stolpe wolle nun einmal Sperenberg. Es stimme nicht, daß sein Fraktionschef Klaus Böger, der es bei der Bundeswehr bis zum Offizier gebracht hat, ihn zurückgepfiffen habe: „Ich habe aus eigenem Antrieb nichts gesagt.“
Rote wollen Schwarze nämlich neuerdings selbst dann übertreffen, wenn sie die Klappe halten. Sozialdemokratische Parteisoldaten schweigen ohne Befehl. Dirk Wildt
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