■ Hinterbank: Zehlendorfer Extratour
Die Nachricht schlug in der Senatskanzlei ein wie eine Bombe: Klammheimlich hatte Zehlendorf die Zweitwohnungssteuer eingeführt. Ohne Übergangsfrist! Wo doch der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen die Steueridee am liebsten wieder in der Versenkung verschwinden lassen würde. Und nun tanzt man dort einfach aus der Reihe – ein untrügliches Zeichen für die schwindende Macht des Regierenden und die zunehmende Erosion der Großen Koalition.
Als Drahtzieher geriet sofort der neue CDU-Kreisvorsitzende des Bezirks Zehlendorf, Uwe Lehmann-Brauns, in Verdacht. Der Diepgen-Kritiker aus der CDU-Dissidentenfront Union 2000 hatte erst vor kurzem den Diepgen-Getreuen Jürgen Klemann als Kreisvorsitzenden des mächtigen Kreisverbandes abgelöst.
Und nun diese Extratour: Ausgerechnet Zehlendorf, das bei den Bonner Beamten und Abgeordneten als neues Domizil hoch im Kurs steht, erhebt die Zweitwohnungssteuer. „Wenn das nach Bonn durchsickert, sind wir blamiert“, soll Diepgen resigniert ausgestoßen haben. Er sah schon die Schlagzeilen des nächsten Tages: In großen Balken wetterte eine Boulevardzeitung gegen das rot-schwarze Chaos in der Stadt. Die Grünen forderten Neuwahlen. Dann wurde ihm schwarz vor Augen.
Als er wieder zu sich kam, hatten seine Mitarbeiter das Mißverständnis aufgeklärt: Bei Zehlendorf handele es sich keineswegs um den Berliner Bezirk, sondern um ein Dorf im Brandenburger Umland, das die Zweitwohnungssteuer schon vor geraumer Zeit eingeführt hatte. win
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