: Hilft nur noch Terror?
Man klatschte sich bejahend auf die Schenkel, trank reichlich Weißwein (Chardonnay) und nickte immer wieder zustimmend. Im renovierten Alsterpavillon diskutierten Publikum und Podium munter über Dirk C. Flecks vielkritisiertes Buch Go! Die Öko-Diktatur. Der Autor, Redakteur beim Hamburger Blatt „Die Woche“ entwirft darin das Szenario einer horriblen Zukunft. „Grüne Wissenschaftler“ versuchen im Staatenverbund GO (Global Observer) mit diktatorischen Mitteln - fünftes Grundgesetz: Es herrscht Reiseverbot -, den ökologischen Untergang abzuwenden.
Auf dem Podium waren sich die niedersächsische Umweltministerin Monika Griefahn, der Verleger Hans-Helmut Röhring und der Autor der Ökodiktatur in einem Punkt einig: „Wir kommen der Apokalypse immer näher. Das ist Fakt.“ Doch welche Schlüsse zieht man aus der gemeinsamen Analyse? Welches politische Handeln erfordert dies? Röhring empörte sich in Richtung Monika Griefahn, daß beispielsweise die SPD nicht einmal in der Lage sei, eine Geschwindigkeitsbegrenzung innerparteilich durchzusetzen. Da nütze auch nichts, treu und brav Joghurtbecher zu sammeln, das führe letztendlich nur in den Kollaps.
Ministerin Griefahn umschiffte diese sozialdemokratische Klippe und steuerte stramm gegen jedwede Form ökologischer Diktatur, also auch der Fleckschen „Ökodiktatur“. Sie plädierte für ein freiwilliges ökologisches Tun, das nicht mit „leidiger Entsagung“ und „schlechtem Ruf“ behaftet sei, sondern auf „Attraktivität“ setze. „Nur so verändert sich was“, meinte Griefahn. Dirk C. Fleck sieht indes schwarz. Obwohl er Despotismus jeder Art ablehne, sieht er - wenn alles so weiter geht - gar keine andere Möglichkeit als die Ökodiktatur, um so die Erde zu bewahren.
Aber bei so viel geistiger Ohnmacht stellt sich die Frage, ob es nicht einfach besser wäre, die Spezies Mensch stürbe aus, weil sie sich „offensichtlich nicht artgerecht verhalte“.
Die „literarisch-politische Premiere“ im schmucken Alsterpavillon zeigte in frappierender Weise, und so schließt sich der Kreis, daß zwar alle um das Grande Malheur Ökologie wissen, wir aber dennoch in beinahe krankhafter Scheinheiligkeit in jeden neuen Tag so hineinleben als wäre nichts geschehen. Erstaunlich. Dierk Jensen
Dirk C. Fleck, „GO! Die Ökodiktatur“, Rasch & Röhring Verlag, 39,80 Mark
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