: Hilfe zur Selbsthilfe
■ Seit fünf Jahren sorgt das Bremer Institut für angewandte Systemtechnik für bessere Firmenstrukturen
Frau Staiger von der Firma Henne am Wall ist begeistert: „Es war zwar eine Wahnsinnsarbeit, aber es hat auch unheimlich was gebracht!“ Frau Staiger meint das „BQM“, das „Bremer Qualitätsmanagement-Modell". Das BQM ist ein neues Angebot des „ATB“, das bei der „Zertifizierung nach ISO 9000“ hilft. „Darzustellen, was wir machen, ist ungeheuer schwierig.“ Das gibt sogar Dr. Uwe Kirchhoff zu, der Geschäftsführer des ATB, des „Instituts für angewandte Systemtechnik Bremen“, das vergangene Woche seinen fünften Geburtstag gefeiert hat.
Was also macht ein „Institut für Systemtechnik“? Angefangen hat alles bei einer Flasche Wein, die Henning Scherf und der inzwischen verstorbene Daimler-Benz-Direktor Werner Niefer irgendwann im Jahr 1991 miteinander geleert haben, erzählt Kirchhoff. Dabei kam den beiden die Idee, gerade im strukturschwachen Bremen etwas zu fördern, was anderswo, zum Beispiel in Japan, schon lange gang und gäbe ist: die Systemtechnik. Kirchhoff vergleicht sie gerne mit einer Autoreparatur: „Wenn Ihr Auto nicht fährt, hat es ja auch keinen Sinn, einfach den Vergaser neu einzustellen. Es kann ja auch an der Zündung oder am Choke liegen“. Für die Fußgänger unter den LeserInnen: Wenn in einem Unternehmen etwas nicht so läuft wie es soll, dann hilft das ATB, bei der Lösungssuche nicht mehr nur an einem Punkt anzusetzen. Es gilt, die ineinander verflochtenen (Kommunikations-)Prozesse zu untersuchen: ganzheitlich vorzugehen, sozusagen.
Und das tut das ATB immer erfolgreicher: Immer mehr Firmen, die ihre Organisation auf Vordermann bringen wollen, wenden sich an das Bremer Institut, zum Beispiel die Bremer Lagerhausgesellschaft, die Spedition Voller oder die Rolandmühle. Und auch die Handelsgesellschaft Henne, bei der Frau Staiger arbeitet. „Wir stellen Verpackungen her“, erzählt sie. „Kartons, Präsentverpackungen und so. Unser Problem war, daß unser neues riesiges Lager ein paar Straßen von der Geschäftsstelle weg liegt. Wir kriegen die Leute von da nicht mehr zu sehen. Und irgendwann wußte von uns niemand mehr so recht, wo jetzt was liegt und wer für was zuständig ist. Die Leute vom ATB haben uns mit den von ihnen entwickelten BQM-Workshops Hilfe zur Selbsthilfe gegeben. Jetzt ist ganz klar, wer wann für was zuständig ist.“
„Aber wir haben das nicht nur für den berühmten Schein gemacht!“ will Frau Staiger betont wissen. „Der Schein“ ist die heißbegehrte „Zertifizierung nach ISO 9000“. Sie bestätigt, daß eine Firma ihre Strukturen gemäß den neuen EU-Vorschriften geordnet hat. ISO 9000 wird immer mehr zur Voraussetzung bei der Auftragsvergabe. Aber für kleine und mittelständische Firmen wie Henne am Wall ist ein dafür zuständiger Unternehmensberater viel zu teuer. In diese Lücke springt das ATB. Seine begleitende Unterstützung kostet Henne nur den vergleichsweise mickrigen Betrag von 22.500 Mark.
Genauso zufrieden wie Frau Staiger ist auch der ATB-Vorstand: Von ursprünglich gerade mal fünf Mann hat man auf mittlerweile 16 feste und zehn freie Mitarbeiter erweitert. „Die Mischung zwischen älteren erfahrenen Leuten und jungen Studenten, die macht's“, meint Kirchhoff. Inzwischen wenden sich nicht mehr nur Bremer Kunden an das Dienstleistungsunternehmen: Organisiert wird alles –vom Leitsystem für die Hamburger Feuerwehr über Electronic mail für die Darmstädter Post bis zum Betonfeuchtigkeits-Überprüfungssystem für eine spanische Firma. Noch wirft das ATB keinen Gewinn ab – „auch weil wir soviel investieren“, versichert Kirchhoff, „aber immerhin trägt sich die GmbH mittlerweile. Gewinne machen wir vielleicht in fünf Jahren“.
Anja Robert
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