Hilfe für Geflüchtete aus Eritrea: „Alles soll erzählt werden“
Freweyni Habtemariam ist eine von zwei vereidigten Tigrinisch-Dolmetscher*innen in Berlin. Und Dolmetschen ist für sie auch politische Arbeit.
taz: Frau Habtemariam, gibt es Wörter, die in Tigrinisch und Deutsch gleich klingen?
Freweyni Habtemariam: Eigentlich nicht. Es gibt Wörter, die ähnlich klingen, aber eher zur Belustigung führen. Zum Beispiel Gabi: Gabi ist eine warme Decke, aber auf Deutsch ein Name.
Für wen dolmetschen Sie?
Hauptsächlich für Menschen aus Eritrea und Äthiopien, im Moment meist für Geflüchtete aus Eritrea: im Gericht, bei der Polizei, in Krankenhäusern und Ämtern, Jugendamt und Schulen.
Die Frau:
Freweyni Habtemariam, geboren 1966, ist eine von zwei vereidigten Dolmetscher*innen für Tigrinisch und Amharisch in Berlin. Sie hat in Bamberg und London Germanistik und Anglistik studiert, war Lehrbeauftragte für Tigrinisch an der Freien Universität Berlin und hat lange als Dozentin für Deutsch als Fremdsprache gearbeitet. Außerdem hat sie maßgeblich am 2012 erschienenen Deutsch-Tigrinischen Wörterbuch mitgearbeitet.
Ihr Engagement:
Habtemariam war von 2011 bis 2015 stellvertretende Vorsitzende des eritreischen Exilrats ENCDC (Eritrean National Congress For Democratic Change), einer globalen Vereinigung von Eritreer*innen mit dem Ziel, das eritreische Regime zu stürzen. Sie ist aktuell im Vorstand des von ihr in Berlin mitbegründeten Vereins Eridac e. V. (Eritrean Initiative for Dialogue and Cooperation). Der Verein leistet politische Bildungsarbeit und Vernetzung und unterstützt insbesondere Eritreer*innen, die vor Krieg, Militärdienst und Verfolgung geflüchtet sind.
Und Eritrea:
In Berlin und Brandenburg leben laut Statistischem Landesamt je rund 1.400 Menschen mit eritreischer Staatsbürgerschaft. Viele fliehen vor dem zwangsarbeitsähnlichen jahrelangen Militärdienst. Die Diktatur in Eritrea gilt als schlimmste in Afrika. Neben dem unbegrenzten Militärdienst fordert das Regime von allen Eritreer*innen weltweit zwei Prozent ihres Einkommens ein. Asylsuchende aus Eritrea erhalten in Deutschland meist einen subsidiären Schutz.
Sie sind eine von nur zwei vereidigten Dolmetscher*innen für Tigrinisch in Berlin, außerdem dolmetschen Sie in Brandenburg, Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt. Wie schaffen Sie das?
Die Gerichte haben sich mittlerweile angewöhnt, die Termine mit mir im Voraus abzusprechen, weil ich so beschäftigt bin. Vor allem 2015 und 2016 war es sehr viel Arbeit. Das wird jetzt weniger, weil weniger Menschen aus Eritrea nach Deutschland kommen. Auch inhaltlich ist es eine große Belastung.
Wie sind Sie Dolmetscherin geworden?
Übersetzt und gedolmetscht habe ich schon als Studentin. Vereidigt wurde ich erst, als ich 1999 nach Berlin gekommen bin. Ich bin Germanistin und Anglistin und habe lange Deutsch als Fremdsprache an der Volkshochschule in Friedrichshain-Kreuzberg unterrichtet. Als immer mehr Menschen nach Berlin kamen, wurde ich oft angerufen, mitten im Unterricht oder in der Pause. Man war in der Not und brauchte Dolmetscher*innen, ich habe mich dann in der Klasse entschuldigt. Meine Chefin meinte dann: Ich glaube, Sie werden da draußen gebraucht. Seitdem bin ich Vollzeit als Dolmetscherin unterwegs. Aber ich war vorher schon politisch aktiv und wusste, dass das kommen wird.
Dass mehr Menschen ankommen hier würden?
Ja, mich hat es nicht überrascht. Schon seit 2010 habe ich gesehen, dass viele Menschen aus Eritrea nach Äthiopien und in den Sudan geflüchtet sind.
Aus welcher Situation sind Sie selbst mit Ihrer Familie damals nach Deutschland gekommen?
Ich bin in Eritrea geboren und als Kind mit meinen Eltern nach Äthiopien umgezogen, mein Vater hat dort gearbeitet, dort bin ich auch zur Grundschule gegangen. 1974 mit dem Putsch gegen Haile Selassie ist in Äthiopien Chaos ausgebrochen, meine Mutter ist daher mit meinen Geschwistern nach Eritrea zurückgegangen. Sie wollte es vor den Nachbarn so aussehen lassen, als ob sie nur kurz weg sei, ich blieb also bei meinem Vater und ging weiter zur Schule. Aber es war schrecklich für mich. Ich habe meine Geschwister und meine Mutter vermisst und so viel geweint, dass mein Vater mich zwei, drei Monate später in einen Bus nach Eritrea gesetzt hat. Dort waren wir erst in der Nähe von Asmara, der heutigen Hauptstadt, und sind dann im eigenen Land vor den Derg, also dem Militär, vor Flugzeugen und Bomben geflohen. Sieben Mal haben wir den Ort gewechselt. So habe ich das Landleben kennengelernt, sonst hätte ich auch kein umfassendes Bild von Eritrea. Schließlich haben wir uns mit drei Kamelen auf den Weg in den Sudan gemacht, bis nach Kassala.
Und dann?
Dort stand meine Mutter erschöpft mit uns fünf Kindern auf dem Marktplatz und wusste nicht weiter. Eine Frau kam zu ihr und sagte: „So bin ich vor ein paar Wochen auch hier angekommen, und da hat mich eine Frau mitgenommen.“ Sie machte es genauso, wir konnten bei ihr duschen und uns ausruhen und von dort einen Freund meines Vaters ausfindig machen. Er hat eine 1-Zimmer-Wohnung organisiert, in der wir bleiben konnten. Wir sind dann ziemlich bald weiter nach Europa und über Italien nach Deutschland. Das war 1980.
Was hat Ihnen beim Ankommen geholfen?
Dass es schnell ging und dass ich die Familie um mich hatte. Wir wurden aus dem Rot-Kreuz-Heim und dann dem Flüchtlingslager schnell weiterverteilt und direkt in die Schule geschickt. Mein Vater ist bald nachgekommen. Die Solidarität unter den Eritreer*innen war sehr groß, wir waren eng vernetzt. Heute ist das Verhältnis eher beschädigt, es gibt viel Misstrauen. Als Familie waren wir offen, wir waren in Kultureinrichtungen, Sportvereinen und der Gemeinde aktiv. Ich hatte ganz am Anfang einen tollen Deutschlehrer, Herr Greis, und ich hatte Freundinnen in meinem Alter, die gingen schon aufs Gymnasium, als ich noch auf der Hauptschule Deutsch gelernt habe. Mit ihnen zu lachen und spazieren zu gehen, das war toll.
Wie war es, mit 14 Jahren Deutsch als ganz neue Sprache zu lernen?
Es war knapp für mich vom Alter her, ich bin im letzten Moment durchgerutscht und habe den Wechsel aufs Gymnasium geschafft. Ich dachte, wenn ich mich nicht spute, bin ich bald verheiratet (lacht). Zu Hause haben wir Tigrinisch gesprochen und meine Eltern haben darauf geachtet, dass wir unsere Sprache und Kultur pflegen, draußen und wenn Besuch kam, haben wir Deutsch gesprochen. Sie haben beides sehr gefördert. Außerdem habe ich mich schon immer für Sprache und Literatur interessiert.
Und Sie haben sich schließlich auch politisch engagiert?
Als wir gesehen haben, dass immer mehr Menschen Eritrea verlassen, haben wir uns zusammengetan und so etwas wie eine Dachorganisation gebildet. Eine Art Exilrat, den Eritrean National Congress For Democratic Change, eine globale Vernetzung von Parteien, von Zivilorganisationen und von Einzelpersonen, so wie ich. Wir haben überall in den Ländern, in denen wir leben, Vertreter*innen gewählt. Etwa 600 Delegierte haben sich dann in Äthiopien getroffen.
Was war Ihre Aufgabe dabei?
Ich war stellvertretende Vorsitzende und habe mich vier Jahre dort engagiert, ich war viel unterwegs, bis zu den Flüchtlingslagern in Äthiopien. Ich habe damals mein Leben etwas vernachlässigt, hatte Verdienstausfall, aber es waren auch wichtige Erfahrungen für meine politische Arbeit und ich habe beeindruckende Kämpfer*innen für ein demokratisches Eritrea kennengelernt. Es tut mir nur leid, dass wir all diese schlimmen Sachen nicht verhindern konnten.
Was wollten Sie verhindern?
Viele Menschen haben das Land verlassen, die Flüchtlingslager waren überfüllt. Es bestand die Gefahr, dass sie weiter flüchten und Opfer von Entführungen, Vergewaltigungen oder Organhandel werden. Ich hatte gehofft, dass wir einen Regimewechsel herbeiführen, bevor sich die Menschen en masse auf den Weg machen. Das ist leider nicht passiert. Ich habe mich dann entschieden, mich hier vor Ort für die Menschen einzusetzen. Dolmetschen gehört für mich dazu. Damit bekämpfen wir aber nur Symptome, nicht die Ursache. Unsere Energie wird davon absorbiert, Leid zu lindern.
Sie haben gesagt, dass die Geschichten, die Sie hören, Sie auch belasten als Dolmetscherin.
Die Inhalte gehen nicht an einem vorbei. Dabei sind die schlimmen Dinge, die die Menschen auf dem Weg und beim Ankommen in Europa erleben, nicht mal Thema der Befragungen. Für die Asylverfahren und Gerichte ist relevant, was im Herkunftsland passiert ist, bis zum Grenzübertritt. Aber wenn ich in Kliniken dolmetsche, etwa nach gescheiterten Suizidversuchen, merke ich, wie viel noch nicht erzählt worden ist, wie viel Belastung noch bei den Menschen ist. Angehörige, die sie zurückgelassen haben, Bootsunglücke. Ich sehe, dass Traumata sich häufen. Es gibt viele Geschichten, die eigentlich aufgefangen werden müssten. Und man muss jetzt damit anfangen, sonst werden wir viele Menschen verlieren, durch Trauma und Suizid.
Wie könnten diese Geschichten erzählt werden?
In unserem Verein Eridac wollen wir Foren oder Dialogkreise anbieten, um die Geschichten der Menschen anzuhören und zu würdigen, dass sie so mutig waren – und um bei schlimmen Erfahrungen auf Hilfsangebote zu verweisen.
Wie geht es den Menschen, für die Sie dolmetschen?
Solange die Menschen unterwegs sind, sind alle ihre Kräfte aktiv, um Hindernisse zu bewältigen. Sobald sie ankommen, heißt es: warten. Manche warten zwei, drei oder fünf Jahre, bis das Asylverfahren durchlaufen ist. Damit kommen sie nicht zurecht. Sie brauchen Dolmetscher, und sie brauchen Wohnungen. In den Heimen können sie es nicht mehr aushalten. Die Symptome sehe ich auch bei den Kindern, sie sind unruhig. Viele Mütter sind alleinerziehend und teils überfordert, weil es keine familiäre Einbindung gibt, niemanden, der ihnen das Kind mal kurz abnimmt. Ich dolmetsche viel für Jugendämter. Eigentlich bräuchte es nur ein bisschen Hilfestellung: Denn es gibt Angebote, aber die nehmen sie nicht wahr, weil sie sprachlich überfordert sind.
Ist Sprache für Geflüchtete aus Eritrea eine größere Hürde als für Geflüchtete aus arabischsprachigen Ländern oder aus Ländern, in denen etwa Französisch Amtssprache ist?
Ja. Die Sprachbarriere ist größer, es gibt auch kaum Anlaufstellen, die Angebote auf Tigrinisch haben. Und selbst wenn es Dolmetscher*innen oder Sprachmittler*innen gibt, sind diese teilweise noch regimetreu. Das heißt, die Menschen haben kein Vertrauen.
Wie stellen Sie das Vertrauen her?
Über mich kann sich jede*r leicht informieren, ich bin im Internet zu finden und ich habe mich offen gegen das Regime positioniert. Viele sind vor Gerichtsverfahren nervös, wer wohl kommen wird. Sie sagen dann: Oh, Gott sei Dank bist du das. Ich bin dankbar für das Vertrauen, das ist sehr viel wert.
Gibt es neben der Sprachbarriere auch andere Probleme, die Menschen, die aus Eritra geflüchtet sind, besonders betreffen?
Die Menschen haben zurzeit große Probleme mit Dokumenten, etwa für Hochzeiten oder Familiennachzug: Um nachzuweisen, dass sie wirklich Eritreer sind, verlangt die Ausländerbehörde, dass sie zur eritreischen Botschaft gehen. Aber sobald sie die Botschaft betreten, müssen sie ein Reue-Schreiben unterschreiben. „Ich bereue, dass ich mein Land im Stich gelassen und hier Asyl beantragt habe …“ Damit geht einher, dass sie zwei Prozent ihres Einkommens als Steuer abgeben müssen. Nicht nur vom Lohn, sondern auch von Hartz IV.
Wie passt Ihre Arbeit als Dolmetscherin mit Ihrem politischen Engagement zusammen?
Ich war ja schon vorher politisch engagiert. Die Professionalität bringt es mit sich, dass ich als Dolmetscherin meinen Job mache, und dann bin ich auch meine eigene Person und kann nicht weggucken, wenn das Regime seine Untaten hier weiter aktiv betreibt. Ich habe gesehen, wie überfüllt die Flüchtlingslager an den Grenzen sind, und seit ich dort war, sind es noch mehr geworden. Wir müssen die Ursachen bekämpfen: die in Eritrea inhaftierten Menschen freibekommen, weitere Flucht verhindern und ermöglichen, dass Menschen zurückgehen können, wenn sie es wünschen. Aber erst muss ein Regimewechsel her. Da müssen alle mitwirken, alt, jung, Dolmetscher*innen, Lehrer*innen, einfach alle.
Wie ist die Situation der Eritreer*innen in Berlin?
Wir sind wie zweigeteilt in Regimetreue und Oppositionelle. Die Oppositionellen, die schon länger hier sind, sind so zersplittert, dass sie keinen Halt geben können. Die Regimetreuen sind selbst verunsichert oder fühlen sich verraten. Ein dritter Block sind die jungen Menschen, die jetzt als Geflüchtete gekommen sind. Sie haben Wut auf ihre Väter, weil sie den unbegrenzten Militärdienst in Eritrea zugelassen haben, aber auch auf die Oppositionellen, die sich nicht effektiv entgegensetzen konnten. Das macht die Zusammenarbeit schwer. Es gibt Versuche, diese Blöcke zusammenzubringen, allerdings sind da noch viele Hürden zu überwinden.
Sie haben mal erzählt, dass Sie oft die Zähne zusammenbeißen mussten. Hat das mit diesen Hürden zu tun?
Ja, das musste ich. Irgendwo sehe ich mich zu all dem nicht zugehörig. Ich bin Eritreerin, gar keine Frage, aber ich bin auch Deutsche. Meine deutsche Erfahrung und Bildung ist mein Zuhause, und damit bin ich allen fremd: Die aus meiner Generation leben ganz anders, und die Neuen denken, ich kenne Eritrea gar nicht. Dabei habe ich mich historisch, archäologisch, linguistisch, kulturell mit Eritrea beschäftigt. Es macht mich wütend, wenn ich sehe, wie ehemalige Führungskräfte des Regimes wieder die Macht an sich reißen, ohne sich zu entschuldigen oder Verantwortung für ihre Untaten zu übernehmen. Sie fangen die Neuen mit der gleichen Sprache ein wie vorher. Meine Vorbilder sind die alten 68er, meine ehemaligen Lehrer*innen, die niemals toleriert haben, dass Andersdenkende diskriminiert werden, und ihre Haltung: nie wieder Faschismus, nie wieder Diktatur. Ich stehe für Einheit in Vielfalt. Es dauert wohl noch lange, bis wir Eritreer*innen ein ebenbürtiges Demokratieverständnis finden.
Aber daran wollen Sie schon mitarbeiten?
Ich würde meine Erfahrungen gern auf Eritrea übertragen, so weit das möglich ist. Mit Vielfalt umzugehen ist viel schwieriger, als viele sich das vorstellen. Wir brauchen eine starke Zivilgesellschaft, die zukünftige Regierungen kontrolliert und den Demokratieaufbau gestaltet und die nicht in erster Linie an Macht interessiert ist. Vereinzelt sehe ich junge Menschen, die sehr reflektiert und umsichtig sind, mit einer sehr demokratischen Grundhaltung. Wenn wir diese Menschen fördern, das gibt mir Hoffnung. Ich bin ja auch vielseitig gefördert worden, man hat an mich geglaubt, und das gebe ich weiter.
Arbeiten Sie in dieser Richtung auch mit dem Verein?
Uns geht es um Bildung, Aufklärungsarbeit, Dialog. Die erste Veranstaltung war eine Bestandsaufnahme um die Frage: Wie geht es uns? Ich habe extra diese Frage gestellt, weil ich mich mit einbeziehe, weil ich möchte, dass sie mich auch fragen, wie es mir mit all den Umständen geht. Das Zweite ist, überhaupt zu verstehen, wie man zum Flüchtling geworden ist. Natürlich können viele von ihren Erfahrungen erzählen, wir wollen aber Zusammenhänge herstellen und verstehen, wie das Regime zum Regime wurde. Wir müssen unsere Geschichte aufarbeiten. Dabei kann die deutsche Erfahrung helfen oder ein Vergleich mit der Versöhnungsarbeit in Ruanda-Burundi oder Südafrika.
Wo könnten die neu angekommenen Menschen aus Eritrea hier einen Halt finden?
Einige sind praktisch in die Kirchen gestürmt und haben dort Trost gesucht. Dann mussten sie feststellen, dass die Kirche infiltriert ist. Auch in Berlin ist die Gemeinde gespalten. So bleibt die Mehrheit zu Hause. Mittlerweile wächst der Widerstand vieler Gläubiger der eritreisch-orthodoxen Tewahedo-Kirchen weltweit. Sie fordern, dass unser seit 2007 in Eritrea inhaftierter Patriarch Abune Antonios freigelassen wird und dass das Regime seine Finger aus der Kirche heraushält. Damit wäre schon viel erreicht. Wenn die Kirche wenigstens ein Trostort werden würde, wenn die Menschen dort wieder so etwas wie Vertrauen, Offenheit und Community erleben könnten, könnte sie eventuell Trauma-Arbeit leisten. Denn bis es genug ausgebildete Therapeut*innen und Dolmetscher*innen für Trauma-Arbeit gibt, das kann dauern.
Waren die Bedingungen, als Sie damals nach Deutschland kamen, besser?
Ja, insgesamt schon. Man war uns gegenüber offen. Heute weiß ich, dass ich privilegiert bin und aus heutiger Sicht stellt sich manchmal die Frage, inwieweit meine Geschichte zählt, wieweit ich nachvollziehen kann, was andere durchgemacht haben. Ich denke aber, dass jede Geschichte es wert ist, erzählt zu werden, und dass wir alle Geschichten anhören sollten, um voneinander zu lernen. Auch ich war traurig, Flüchtling geworden zu sein. Irgendwann dachte ich, ich habe zwei Heimaten. Die rückten mal näher zusammen, mal weiter auseinander. Jetzt im Moment aber mit dieser Bedrohung der AfD habe ich gar keine.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Rücktritte an der FDP-Spitze
Generalsekretär in offener Feldschlacht gefallen
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Iran als Bedrohung Israels
„Iran könnte ein Arsenal an Atomwaffen bauen“
Keith Kelloggs Wege aus dem Krieg
Immer für eine Überraschung gut