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Hilfe bei psychischen ErkrankungenViel zu lange Wartezeiten

Gastkommentar von Diana Doko

Depressionen, Angst und Essstörungen nehmen gerade unter Jugendlichen deutlich zu. Rasche Hilfe für Menschen in psychischen Krisen fehlt bisher.

Wer psychisch erkrankt, muss bisher durchschnittlich 22 Wochen auf einen Therapieplatz warten Foto: visual 2020/plainpicture

K rieg, Klimakrise und Pandemie: Die aktuelle Weltlage hat enorme Auswirkungen auf die mentale Gesundheit. Erste Studien weisen auf einen Anstieg von Depressionen und Angststörungen bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen während der Coronapandemie hin. Laut dem Kinder- und Jugendreport der DAK 2022 kamen Jugendliche im Alter von 15 bis 17 Jahren rund fünfmal häufiger wegen Depressionen und dreimal häufiger wegen Angststörungen in deutsche Kliniken.

Ebenso gab es bei Schulkindern im Alter zwischen zehn und 14 Jahren einen deutlichen Anstieg der stationären Behandlungen von Depressionen, Angst- und Essstörungen. Trotz des besorgniserregenden Anstiegs psychischer Belastungsstörungen sind die Wartezeiten auf einen Therapieplatz mit durchschnittlich 22 Wochen immer noch viel zu lang.

Im Koalitionsvertrag der derzeitigen Bundesregierung wurde eine Reform der psychotherapeutischen Bedarfsplanung angekündigt, um die Wartezeiten zu reduzieren. Die Versorgung insbesondere in ländlichen und strukturschwachen Gebieten solle sichergestellt sowie die Kapazitäten für Pa­ti­en­t:in­nen mit schweren und komplexen Erkrankungen verbessert werden. Zwei Jahre nach der Bundestagswahl lässt eine Reform weiterhin auf sich warten.

Diana Doko

ist Mitgründerin und Vorständin von Freunde fürs Leben e. V. Der Verein klärt online und offline über mentale Gesundheit, psychische Erkrankungen und Suizid auf.

Aufklärungsmaterial und Hilfsangebote gibt es auf http://frnd.de.

Psychische Erkrankungen müssen auf die gesundheitspolitische Agenda. Noch immer gibt es in Deutschland, im Gegensatz zu anderen Ländern, keine staatlich geförderte Aufklärungskampagne für Depression und Suizid. Der Verein Freunde fürs Leben fordert seit 2001 genau das von der Politik und klärt seitdem sowohl über psychische Erkrankungen als auch über mentale Gesundheit auf. Wir verbreiten lebensrettendes Wissen, damit Depressionen besser erkannt und Hilfsangebote schneller genutzt werden können.

Wir haben die Vision einer aufgeklärten Gesellschaft, in der offen über psychische Krisen gesprochen wird, betroffene Menschen auf ein gutes Netzwerk und schnelle Hilfe zurückgreifen können und so weniger Entscheidungen für Suizid getroffen werden.

Wenn Sie Suizidgedanken haben, sprechen Sie darüber mit jemandem. Sie können sich rund um die Uhr an die Telefonseelsorge wenden (08 00/1 11 01 11 oder 08 00/1 11 02 22) oder www.telefonseelsorge.de besuchen. Dort gibt es auch die Möglichkeit, mit Seel­sor­ge­r*in­nen zu chatten.

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1 Kommentar

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  • Aus "RND" in einem Beitrag zur Plattform krisenchat.de:



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    "Oft sind wir der Erstkontakt”, sagt Eckert und nennt den Grund dafür: „Wir verwenden das am häufigsten genutzte Kommunikationstool der Zielgruppe: den Chat. Das ist für die Kinder und Jugendlichen vertraut und trotzdem vertraulich.” Anders als am Telefon könnten sie so das Tempo selbst bestimmen – in Echtzeit. Ohne, dass man auf eine E-Mail oder einen Rückruf warten müsse. „Manchmal beginnt der Kontakt mit einem kurzen: ‚Hilfe, ich kann nicht mehr!‘ Dann wird Schritt für Schritt Vertrauen aufgebaut, um ins Gespräch zu kommen.”



    Auch nach dem Lockdown gebe es für Krisenchat.de jede Menge zu tun, ist sich die Psychologin sicher. „Keiner kann heute einschätzen, wie lange die Nachwehen uns beschäftigen werden.” Die Plattform schließe auch weiterhin die Versorgungslücke als anonymes Beratungsangebot, ohne Registrierung, telefonischen Kontakt oder lange Wartezeiten.//



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    Als ich mich neulich für die Zusammenhänge psychischer Krisen mit Generationen-abhängigen Überforderungsprofilen und die Arbeit des Forschenden Rüdiger Maas interessierte, war ich erschrocken, denn die Auswirkungen von Krisen gestern und heute werden uns wohl noch sehr lange begleiten.