: „Hier ist der „'Havelland-Anzeiger'“
■ 'Spandauer Volksblatt‘ und 'Märkische Volksstimme Potsdam‘ werfen gemeinsames Anzeigenblatt auf den Markt
Die Abonnenten der in Potsdam erscheinenden Tageszeitung 'Märkische Volksstimme‘ werden nicht schlecht gestaunt haben, als sie gestern ihren Briefkasten leerten. Neben der altgewohnten 'Volksstimme‘ lag da ein völlig neues Blatt, zwölf Seiten stark, ganz umsonst und in ungewohnter Druckqualität. „Guten Tag, hier ist der 'Havelland -Anzeiger'“, erfuhren sie. In einer Gesamtauflage von 160.000 Exemplaren wurde in Potsdam, Nauen, Oranienburg und Neuruppin ein deutsch-deutsches Anzeigenblatt verteilt. Wiederholt wird diese Aktion ab sofort jeden Donnerstag.
Der 'Havelland-Anzeiger‘ ist das erste Kooperationsprojekt zwischen einem Verlag in West-Berlin und einem DDR-Partner und wird mit Sicherheit auf ein riesiges Interesse stoßen. Ausgedacht und realisiert wurde das Projekt vom 'Volksblatt Spandau‘ und der 'Märkischen Volksstimme‘. Die Redaktionskonferenz ist paritätisch besetzt, layouted wird gemeinsam, gedruckt wird in der Spandauer Druckerei, wo 1989 der Springer-Konzern mit einer Beteiligung von 24,9 Prozent für Wirbel sorgte.
Die Konzeption ist einfach. Vier der zwölf Seiten enthalten „Bevölkerungsanzeigen“, wie die privaten Kleinanzeigen in der DDR genannt werden, von gebrauchten Autos bis zu neuen Freunden kann alles gesucht oder angeboten werden. „Noch sucht kein Spandauer Mann eine Frau aus Nauen, aber kommen wird das sicher“, prophezeit Herr Hannemann, Verlagsdirektor der 'Märkischen Volksstimme‘. Vorerst einmal befriedigt der private Anzeigenteil ein dringendes Bedürfnis. Bislang mußten DDR-Bürger wochenlang warten, bis eine Kleinanzeige in den Druck ging. „Eine Gartenschere, im Frühjahr angeboten, konnte auf diese Weise erst im Herbst verkauft werden“. Hannemann ist froh, daß diese Zeiten vorbei sind, und sicher, daß das beigelegte Anzeigenblatt die Auflagenhöhe der 'Volksstimme‘ nach oben schnellen läßt. Das ist auch notwendig, denn die Zeitung wird von der SED bald in die wirtschaftliche Selbständigkeit entlassen werden. Dann wird es die Subventions-Hängematte der SED-Parteikasse nicht mehr geben.
Vier weitere Seiten des 'Havelland-Anzeigers‘ enthalten einen redaktionellen Teil. Berichtet wird über das kulturelle Leben in Potsdam, ergänzt durch Veranstaltungshinweise aus Spandau, Stadterkundigungsvorschläge in Ost und West und Initiativen von Naturschutzverbänden hier und dort. Dem Anzeigenleiter des 'Spandauer Volksblatts‘, Gerhard Dünnhaupt, liegen gerade diese Seiten besonders am Herzen: „Wir wollen ein ehrliches Blatt machen, eines, das Menschen zusammenführt.“
Finanziert wird die neue Zeitung durch ihr Herzstück, vier Seiten „Wirtschaftsanzeigen“ von Westberliner Ladenketten und Einzelhandelsgeschäften. Super 2000, Stinnes Baumarkt, Kaisers-Drogeriemarkt, Spandauer Schlüsseldienst und andere wollen schalten. Aufgenommen wurden und werden die kommerziellen Anzeigen von der Anzeigenabteilung des 'Spandauer Volksblattes‘. „Die Firmen haben sich sehr sensibel verhalten“, lobt Gerhard Dünnhaupt, „angeboten werden nur preisgünstige Sonderangebote, erschwinglich auch für DDR-Geldbeutel.“ Zum ersten Mal können jetzt Mütter und Väter in Potsdam lesen, daß Softlan-Weichspüler 3,99 Mark und Moltexwindeln 29,98 Mark kosten. Und das jede Woche neu.
ak
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