Hessischer Wirtschaftsminister tritt zurück: Geordnetes Amt, chaotische Koalition
Der hessische Wirtschaftsminister Dieter Posch will zurücktreten, damit sich sein Nachfolger einarbeiten kann. Seinen Posten soll ein Parteifreund übernehmen.
FRANKFURT taz | Hessens Wirtschaftsminister Dieter Posch (FDP) kündigte gestern überraschend seinen vorzeitigen Rücktritt zum 1. Juni an. Der 67-Jährige betonte, er wolle seinem Nachfolger dadurch Zeit zur Einarbeitung vor der nächsten Landtagswahl geben. Die findet allerdings erst in knapp zwei Jahren statt.
So wird hinter den Kulissen spekuliert. Vertreter der Opposition mutmaßen, dass Poschs Rücktritt mit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zum Nachtflugverbot am Frankfurter Flughafen zu tun habe. Die Leipziger Richter wiesen vor zwei Wochen einen Antrag der schwarz-gelben Landesregierung auf Durchsetzung von 17 Nachtflügen ab.
Die Niederlage deklarierte Posch, der dafür als Minister politisch verantwortlich ist, aber als Sieg: Die Landesregierung habe lediglich Rechtssicherheit erlangen wollen und könne nun, wie von ihr gewünscht, das Nachtflugverbot durchsetzen. Das will Posch noch vor seinem Ausscheiden tun. Kritiker bezeichneten das Verhalten der Landesregierung als „Gipfel der Verlogenheit.“
War Bouffier informiert?
Ein unrühmliches Erbe, mit dem der gebürtige Wiener Dieter Posch in die Chronik des Flughafenstreits eingehen wird. Als der Minister am Freitag seinen Rücktritt bekannt gab, hatte er ausgerechnet zu einer Pressekonferenz zum Thema Nachtflugverbot geladen. Selbst die Mitglieder der Koalition hatte er erst am Freitagmorgen über seinen Rücktritt informiert.
Unklar ist, ob CDU-Ministerpräsident Volker Bouffier darüber Bescheid wusste. „Sie können davon ausgehen, dass er nicht überrascht war“, sagte ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums. Es bleibt also abzuwarten, ob sich der Disput zwischen Union und Liberalen nun in Hessen fortsetzt.
Somit hinterlässt Posch seinem designierten Nachfolger, dem 37-jährigen Chef der FDP-Landtagsfraktion Florian Rentsch, vielleicht ein wohlgeordnetes Amt, aber keine wohlgeordnete Regierungskoalition.
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