Hessen-Wahl: Eine linke Regierung ist möglich

Die CDU ist stärkste Kraft in Hessen, die FDP bleibt mit 5,0 Prozent drin. SPD und Grüne könnten gemeinsam mit der Linken einen Machtwechsel herbeiführen.

Und tschüss: Volker Bouffier (CDU) Bild: dpa

BERLIN taz | Nach der Landtagswahl in Hessen gibt es keine klare Mehrheiten: Weder Rot-Grün noch Schwarz-Gelb können laut der Hochrechnungen die neue Landesregierung stellen. Bewahrheiten sich die Zahlen, ist die Linkspartei aller Voraussicht im Wiesbadener Landtag und es tritt ein, was der bürgerlichen Koalition als Horrorvision galt und Rot-Grün vor ein Dilemma stellt: SPD und Grüne haben keine Möglichkeit, ohne die Stimmen der Linken einen Regierungswechsel herbeizuführen.

Demnach drohen, wie schon bei der Landtagswahl 2008, die sprichwörtlichen „hessischen Verhältnisse“. Damals wollte sich Andrea Ypsilanti (SPD), entgegen ihren Aussagen im Wahlkampf, mit den Stimmen der Linken zur Ministerpräsidentin wählen lassen. Dies scheiterte allerdings an vier Abweichlern in ihrer eigenen Partei, was dazu führte, dass CDU-Mann Roland Koch trotz fehlender Mehrheit für ein Jahr geschäftsführend im Amt blieb – und anschließend zusammen mit der FDP die Wahl gewann.

Die Liberalen schafften mit 5,0 Prozent denkbar knapp den Einzug in den Landtag. Die Zustimmung zur FDP in Hessen ist damit fast auf ein Drittel zusammengeschmolzen. An der Fünfprozenthürde scheiterten die Alternative für Deutschland (4,0 Prozent) sowie die Piraten (1,7 Prozent).

„Das eine oder andere Wörtchen...“

Die Sozialdemokraten kommen auf 30,7 Prozent der Stimmen und liegen damit klar hinter der CDU, die mit 38,3 Prozent wieder stärkste Kraft im neuen hessischen Landtag wird. Die Grünen erreichen 11,1 Prozent der Wählerstimmen. Dieses Ergebnis bezeichnete Mathias Wagner als „enttäuschend“ und begründete das Abschneiden seiner Partei in Hessen mit „massivem Gegenwind aus dem Bund. Da wird noch das ein oder andere Wörtchen zu besprechen sein mit den Kollegen aus Berlin“.

Große Freude herrschte hingegen bei der Linkspartei, deren Einzug in den Landtag bis zuletzt unsicher war. „Wir sind sehr froh, dass die SPD ihr Wahlziel, die Linke aus dem Landtag zu werfen, nicht erreicht hat“, sagte Ulrich Wilken von der hessischen Linkspartei, die bei 5,2 Prozent landete. Trotz dieser kämpferischen Haltung und deutlichen Verlusten gibt es aus der Linken klare Signale an Rot-Grün, gemeinsam eine neue Regierung zu stellen. So bekräftigte Vorstandsmitglied Hermann Schaus: „An uns solls nicht liegen.“

Aber vielleicht an SPD und Grünen. Denn der sozialdemokratische Spitzenkandidat Thorsten Schäfer-Gümbel hatte vor der Wahl die Linke als „nicht regierungsfähig“ bezeichnet, wollte ein rot-grün-rotes Bündnis allerdings zumindest „formal“ nicht ausschließen. Ähnlich die Situation bei den Grünen: „Wir wollen Rot-Grün, dabei bleibt es“, gab sich Mathias Wagner noch am Wahlabend kämpferisch.

Unklare Verhältnisse

Er ergänzte allerdings: „Wenn die Wählerinnen und Wähler anders wählen, dann muss man mit allen Parteien Gespräche führen.“ Damit meinte er nicht nur die Linke, sondern auch die CDU. Denn im hessischen Landtag gibt es nicht nur eine „strukturelle linke Mehrheit“, sondern auch eine schwarz-grüne.

Bei den Liberalen ist man sich hingegen sicher, dass Hessen eine rot-rot-grüne Regierung bekommen wird: „Die werden eine Möglichkeit finden, ihre Mehrheit zu nutzen“, so der bisherige Wirtschaftsminister Florian Rentsch. Die Wahlbeteiligung lag in Hessen deutlich höher als noch vor vier Jahren. Die Frage, wer die neue Regierung stellt, wird nun in den nächsten Tagen und Wochen zu klären sein.

Dieser Artikel wurde um 8:40 letztmalig aktualisiert.

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