Hertha verliert in Bremen: Ein Debakel zum Debüt
Wegen der Verletzung von Jaroslav Drobny hütete erstmals Christopher Gäng das Tor der Herthaner. Am Ende stand es 5:1 für Bremen. Hertha ist damit wieder auf dem Boden der Realität gelandet. Mit einer Ausnahme - Marko Pantelic.
Die Waage der Liga steht im Moment im Bremer Weserstadion. Woche für Woche stellt sich hier ein Fußballclub vor und wird von den Werder-Spielern auf Herz und Nieren geprüft, ob er tatsächlich schon wieder zu den Schwergewichten zählt, als das die Tabelle ihn ausweist.
Während Borussia Dortmund seinen Aufwärtstrend vor zwei Wochen bestätigen konnte und Bayer Leverkusen sogar als Meisterschaftsfavorit die Hansestadt verließ, wurde Hertha BSC am Samstag gewogen und für zu leicht befunden. 5:1 lautete das Ergebnis für die Bremer, die sich nach vier sieglosen Spielen vorläufig aus der Krise schossen.
Die Berliner waren zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt an die Weser gereist. Die Bremer standen nicht nur gehörig unter Zugzwang - sie hatten mit Diego und Pizarro auch wieder die Spieler zur Verfügung, die bei ihnen den Unterschied zwischen grauer Maus und Spitzenklasse machen. "Wir wussten, dass Bremen heute ein anderes Gesicht zeigen würde", sagt Arne Friedrich. "Leider haben wir nicht die nötigen Mittel gefunden."
Im Gegenteil - Hertha ließ alles vermissen, "was uns die letzten Wochen ausgezeichnet hat", wie Manager Dieter Hoeneß nach dem Spiel zugab. "Wir waren ständig viel zu weit weg von den Gegenspielern", fügte er hinzu und schloss mit dem Satz: "Mich interessiert auch nicht, warum das passiert ist. Wir müssen nur schnell zu dem zurückfinden, was wir in den Spielen davor gezeigt haben."
Während der Manager bereits die Medien bediente und die Spieler schnurstracks in die Kabine flüchteten, konnte sich die Diva des Hauptstadtclubs nicht vom Schauplatz der Niederlage lösen. Ob als besonders intensive Form der Trauerarbeit oder vom Wunsch beseelt, endlich allein auf dem Platz zu stehen: Marko Pantelic begab sich nach der Klatsche gemächlichen Schrittes zur Fankurve - und nahm Arne Friedrich und Josip Simunic gleich mit zum Dankeschön an die Hertha-Anhänger, die der aussichtslosen Gegenwehr zum Trotz die zweite Halbzeit ohne Atempause durchgesungen hatten.
Auch währe der neunzig Minuten fiel Pantelic hauptsächlich durch seine pathetische Körpersprache auf - vor allem dann, wenn ihn wieder einer der zahlreichen langen Pässe nicht erreicht hatte. Er stand während des gesamten Spiels auf verlorenem Posten, da es seinem Team nie gelang, Druck aufzubauen und mit genug Spielern aufzurücken, um die Bremer Defensive in Verlegenheit zu bringen. Dass dieses Stückwerk auch Folge des Theaters um den Torjäger sein könnte, war nach dem Spiel eine oft geäußerte Vermutung. Trainer Lucien Favre äußerte sich eindeutig mehrdeutig über sein Verhältnis zu Marko Pantelic. "Ich komme mit jedem klar. Wenn jemand mit mir Schwierigkeiten hat, dann hat er mit vielen Probleme."
Trotz Pantelic, Hoeneß und Favre - zum gefragtesten Mann wurde nach dem Spiel einer, dessen Namen zumindest in Bremen noch niemand gehört hatte. Christopher Gäng, der dritte Torwart der Herthaner, erfuhr erst eine Stunde vor dem Spiel von seinem ersten Einsatz in einem Bundesligaspiel, da Stammtorwart Jaroslav Drobny sich kurzfristig verletzt hatte. Prompt segelte der Debütant gleich an der ersten Ecke vorbei und kassierte ein Eigentor von Gojko Kacar.
In der zweiten Halbzeit verhinderte Gäng zwar mehrfach eine höhere Niederlage, aber da war Dieter Hoeneß anscheinend schon das Wortspiel eingefallen, mit dem er nach dem Spiel in der Mixed Zone von Mikrofon zu Mikrofon tourte: "Ein Debakel zum Debüt - das ist schon ganz anderen passiert."
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!