Herr Hefele in Wimbledon: Mein Super-Sergeant
■ Museum? Wurst? Wie Wimbledon 97 in der Erinnerung überdauern wird
Wenn einem nach zwei Wochen der Abschied aus Wimbledon schwer fällt, sollte man sich das Wimbledon-Museum ansehen. Etwas dermaßen Langweiliges muß man lange suchen, und ich bin schon viel herumgekommen in der Welt des Sports. Große Sensation: die Rasenwalz- und Pflegemaschine aus dem Jahre neunzehnhundertwasweißich. Ein grünes Blechmonstrum in der Glasvitrine.
Großnasige Puppen trinken ein Schlückchen und hören dabei spannenden Platten wie „Lawn Tennis by Maskel (british champion)“. Schön auch die Abteilung „Damensportkleidung im Wandel der Zeiten“. Faltenröcke, dick wie Schlafzimmervorhänge, keine Chance selbst für das lichtstärkste 500er-Leitz-Objektiv. Da können sich die heutigen Kurzrockteenies was abschneiden. Elend langweilig, wie gesagt.
Nur noch zu toppen von den ein paar Meter weiter angebotenen „Dutchees“. Das sind circa 15 cm lange graubraune Dinger, die – vermute ich mal – Würstchen sein sollen. Immerhin braten sie auf einem Rost, und man soll Ketchup oder Senf drauftun. Eine andere Legitimation, sich als Wurst zu bezeichnen, haben sie nicht.
Die erste Assoziation ist: Pappmaché. Wenn man reingebissen hat, ist man sich sicher: Pappmaché. Also nichts wie in den Abfall damit und schauen, was es nebenan gibt.
Ach – diese roten Dinger mit den kleinen, gelben Sprenkeln. Wie heißen sie doch gleich? Ist mir entfallen. Schmecken tun sie jedenfalls nicht besonders. Sie werden mir als Allerletztes in Erinnerung bleiben, wenn ich an dieses Wimbledon zurückdenke.
Eher schon die Damen und Herren vom Wachpersonal. Äußerst steif und korrekt und zuvorkommend. Um während der langen Regenpause in der ersten Woche dann plötzlich teilweise auszurasten und sich als enthemmte Alleinunterhalter zu entpuppen. „Super Sergeant saves the spirit“, stand irgendwo zu lesen.
Herr Hefeles Fazit: Großnasige Puppen, graubraune Würstchen
Mein Lieblings-Sergeant stand immer einen Aufgang rechts von der Pressetribüne des Centre Courts. War tätowiert wie ein Schwerverbrecher und trug auch immer kurzärmlige Hemden, damit es alle gut sehen konnten. Ganz fleischgewordener Stolz auf seine männlich- straffe Erscheinung stand er da. Verzog nie eine Miene, klapperte nur ab und zu sachte mit den überirdisch glänzenden, genagelten Schühlein.
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