Herbe Kritik an Mexikos Regierung: Ignoranz und Vertuschung

Mexikos Präsident Peña Nieto besucht Anfang der Woche Deutschland. Ihm wird vorgeworfen, Verletzungen von Menschenrechten in Kauf zu nehmen.

Mexikos Präsident Enrique Pena Nieto mit seiner Frau Angelica Rivera bei der Ankunft auf dem Flughafen Tegel in Berlin am Sonntag Foto: dpa

BERLIN taz | 28.000 Verschwundene, mindestens 100.000 Tote, über 280.000 Vertriebene und eine Regierung, die fast nichts gegen diese Zustände unternimmt. Vor dem Deutschlandbesuch des mexikanischen Präsidenten Enrique Peña Nieto Anfang dieser Woche haben Menschenrechtsorganisationen beider Länder schwere Vorwürfe gegen den Staatschef erhoben.

Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundespräsident Joachim Gauck müssten sich gegenüber Peña Nieto dafür einsetzen, dass er die Empfehlungen von UN-Gremien ernst nehme und gegen die hohe Straflosigkeit vorgehe.

„Die Menschenrechtskrise hat katastrophale Ausmaße angenommen“, kritisiert die Deutsche Menschenrechtskoordination Mexiko, die unter anderem von Brot für die Welt, Amnesty International (AI) und Misereor getragen wird. Sie verweist auf den noch immer ungeklärten Fall der 43 Studenten, die im September 2014 von Polizisten und Kriminellen im Bundesstaat Guerrero verschleppt wurden.

Erst vergangene Woche hat eine internationale Expertengruppe (GIEI) ihre Zusammenarbeit mit der Regierung aufgekündigt. Die von der Interamerikanischen Menschenrechtskommission (CIDH) gestellten Juristen und Psychologen werfen der Staatsanwaltschaft vor, entgegen Absprachen einen Bericht veröffentlicht zu haben. Sein Inhalt besage, dass die Studenten auf einer Mülldeponie verbrannt worden seien.

An Aufklärung nicht wirklich interessiert

Dafür gibt es nach Recherchen der Experten und rechtsmedizinischen Untersuchungen der Universität Innsbruck keine Anhaltspunkte. Kritiker befürchten, dass die Regierung die tatsächlichen Hintergründe vertuschen wolle. „Es bleibt unklar, welche Rolle das Militär gespielt hat, weil die Experten keinen Zugang zur Kaserne bekommen haben“, erklärt der AI-Mexiko-Researcher Carlos Zazueta. Peña Nieto sei nicht an der Wahrheit interessiert: „Ihm geht es darum, sein Land nach außen gut darzustellen.“

Dennoch hat sich die Regierung in letzter Zeit mehrmals mit internationalen Institutionen angelegt. Jüngst versagte sie dem UN-Sonderberichterstatter über Folter Juan Méndez eine Recherchereise. Bereits vor einem Jahr denunzierte ein Regierungsvertreter die Arbeit des UN-Ermittlers als „unprofessionell und unethisch“, nachdem Méndez erklärte, Folter sei in dem Land weit verbreitet. Ähnlich legte sich Peña Nietos Administration mit der CIDH an.

Amnesty International

„Peña Nieto geht es nur darum, sein Land nach außen gut darzustellen“

Den wirtschaftlichen Beziehungen hat das nicht geschadet. Schon jetzt ist Deutschland Mexikos fünftgrößter Handelspartner, etwa 1.700 deutsche Firmen sind dort tätig. Francisco González, Regierungsvertreter für internationale Wirtschaftsbeziehungen, hofft auf neue Investitionen. Auf einem Forum mit Unternehmern werde man die Reformen in Mexiko anpreisen, kündigt er an. Gemeint ist zuerst die Energiereform.

Die Kommission zur Verteidigung und Förderung der Menschenrechte warnt dagegen in einem Schreiben an Kanzlerin Merkel vor einer steigenden Rohstoffausbeutung, die mit dieser Liberalisierung des Energiewesens verbunden sei. Die Investitionen hätten zur Verletzung der Landrechte indigener Völker, zu sozialen Spannungen, Umweltschäden und der Verfolgung von Oppositionellen geführt.

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