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Hennemann wird SPD-Landesdelegierter

■ Auch Vulkan-Betriebsrat Kulla gab dem Ex-Vulkan-Vorstandschef seine Stimme

Friedrich Hennemann ist wieder in Amt und Würden. Wie erst jetzt bekannt wurde, hat der SPD-Ortsverein Lüssum-Bockhorn, dem geschaßten Vulkan-Vorstandschef eine hohe Ehre zuteil werden lassen: Die Sozialdemokraten haben Hennemann zum Landesdelegierten für die Parteitage und die Unterbezirksversammlungen gekürt.

Montag, 5. Februar. Der Senat zittert um den Vulkan. Eine Sondersitzung jagt die nächste. Die Banken wollen dem Konzern die vom Bremer Senat verbürgten 77 Millionen Mark Kredit nicht auszahlen. Karel van Miert, EU-Kommissar für Wettbewerbskontrolle, zweifelt an der Rechtmäßigkeit der Bürgschaft. Außerdem steht der Vorwurf im Raum, daß 800 Millionen Mark EU-Subventionen für die ostdeutschen Werften über Umwege in die Kasse des Bremer Mutterkonzerns geflossen sein sollen.

Welche Rolle Hennemann in dem Drama um den Vulkan spielt, weiß niemand. Auch die etwa 30 Mitglieder des SPD-Ortsvereins Lüssum-Bockhorn nicht, die sich um 19.30 Uhr in den Räumen des Lüssumer Turnvereins treffen. Sie wissen nur eins: Sie wollen „ihren Friedrich“ auffangen. Elf Jahre ist Hennemann Mitglied im Ortsverein – und zwar obwohl er schon lange nicht mehr in Lüssum wohnt. Dort steht nur noch sein Geburtshaus, ein kleines, über 100 Jahrealtes Backsteinhaus an der Lüssumer-Straße. Eine Ausnahmegenehmigung sorgt dafür, daß der Name Hennemann noch immer im Mitgliederverzeichnis steht. Aktiv engagiert hat sich der Ex-Vulkanchef schon jahrelang nicht mehr. Doch Hennemann kennt „jedes Ortsvereinsmitglied“, wie er selbst sagt. Kein Wunder also, daß er Stunden später mit nur zwei Enthaltungen gewählt wird.

Die Ex-Senatorin und Bürgerschaftsabgeordnete Sabine Uhl gibt Hennemann ihre Stimme. Und auch Hasso Kulla, Vorsitzender des Betriebsrates der Bremer Vulkan Werft, hat „keine Bauchschmerzen“ als er den Namen seines Ex-Chefs auf den Stimmzettel schreibt.

„Warum auch?“ wundert er sich Kulla über die Frage. Daß er als Betriebsratmitglied seine Glaubwürdigkeit aufs Spiel setzen könnte, kann er sich „wohl vorstellen“. „Aber das liegt nur daran, daß ihr das so schreibt. Ich rede sowieso nur noch mit Journalisten, die mir wohlgesonnen sind. Alle anderen werden gestrichen. Und wenn Sie solche Fragen stellen, dann werde ich Sie auch streichen.“ Auch Sabine Uhl, die Unterbezirksvorsitzende in Bremen- Nord werden will, findet die Frage, warum Sie Hennemann gewählt hat, „ein bißchen merkwürdig“. „Warum soll er das nicht werden. Er hat politische Weitsicht und kann gut argumentieren.“

Im Ortsverein Lüssum-Bockhorn, der über 100 Mitglieder hat, brodelt es allerdings seit der Wahl. „Das ist eine unglaubliche Geschmacklosigkeit“, wettert ein Mitglied. „Die Werftarbeiter bangen um ihre Arbeitsplätze. Ob auch Hennemann daran schuld ist, ist nicht klar. Aber jetzt wird er auf diesen Posten gehievt. Was sollen denn die Arbeiter denken von einer Partei, die sich ursprünglich für ihre Rechte eingesetzt hat.“ „Der Ortsverein Lüssum-Bockhorn hat personalpolitisch schon immer die Fäden gezogen“, weiß auch ein anderes SPD-Mitglied aus Bremen- Nord. „Mehrere Bürgerschaftsabgeordnete sind aus diesem Ortsverein hervorgegangen. Und mit Hennemann versuchen die jetzt wieder, sich jemanden ranzuzüchten.“ „Die Uhl braucht Verstärkung für ihre Kandidatur als UB-Vorsitzende, und warum Kulla den Hennemann gewählt hat, darüber will ich lieber nicht nachdenken“, sagt ein drittes SPD-Mitglied aus Bremen-Nord.

Davon, daß es wegen seiner Wahl in der SPD in Bremen-Nord brodelt, scheint Hennemann nichts zu ahnen. „Na klar nehme ich die Wahl an“, sagt er. Was reizt ihn an seiner neuen Aufgabe? „Das, was mich schon immer an meinem politischen Engagement gereizt hat.“ Was ist das? „Darüber setze ich mich mit Ihnen nicht auseinander.

Das ist typisch, daß sie jetzt versuchen, das sauer zu machen. Ich gebe nur noch Zitate, wenn ich Sie genehmigt habe. Wenn Sie mich zitieren, werde ich das dementieren.“ Kann er sich vorstellen, daß die SPD durch seine Wahl Schaden nehmen könnte?

„Nur, wenn Sie ihr das aufs Butterbrot schmieren.“ kes

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