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Helgolands Befreier

Helden waren sie nicht, der Rene Leudesdorff und der Georg von Hatzfeld, die beiden Studenten aus Heidelberg, die im Dezember 1950 die Europafahne auf Helgoland hissten. Und doch haben sie die deutsche Geschichte um ein Stückchen vorangebracht – das dokumentiert der Film „Wer befreite Helgoland?“ von Kurt Denzer und Thorsten Schmidt.

Gegen Kriegsende 1945 mußte die Zivilbevölkerung der Insel wegen verschärfter Bombardierung durch die Alliierten aufs Festland flüchten. Danach blieb das Betreten der Insel bis zum 1. März 1952 verboten. Helgoland wurde unterdessen von der britischen Luftwaffe als Übungsziel für Bombenabwürfe benutzt. Am 20. Dezember 1950 traten die Protagonisten der Geschichte mit der Flaggenhissung auf den Plan traten. Auf diese zivile Ungehorsamstat konzentriert sich die Filmgeschichte. Zeitzeugen, betroffene InsulanerInnen und Historiker kommen darin zu Wort: Wir erfahren, wie die studentische Inselbesetzung aus Protest gegen die „ohne mich“-Haltung der Nachkriegsgeneration entstand. Wie die Insulaner die konspirative Aktion unterstützen. Im nachhinein sprechen die Protagonisten von der „List der Geschichte“: Anstatt ein Zeichen gegen die Remilitarisierung der Bundesrepublik zu setzen, beschleunigte die Besetzungsaktion den Wiederbewaffnungsprozeß.

Diese umfassende Darstellung des Geschehens aus vielen Blickwinkeln macht den Film sehenswert. Und ist zugleich sein schwierigster Part: Dem Risiko der Bildeinstellung „Erzähler vor Inselhintergrund“ konnten die Filmemacher nicht immer entgehen. Daß der Film trotzdem sehenswert ist, liegt vor allem an seinen Hauptdarstellern. So lange schon liegt deren Tat zurück, daß sie sie stellenweise schmunzelnd wie eine Anekdote vortragen. Und die Kamera folgt ihnen dabei: Grün im Gesicht vor lauter Seekrankheit seien sie bei der Landung auf dem Eiland gewesen, erzählen sie. Und dann stolpern sie für den Film über die Steine am Ufer. Und wir können uns vorstellen, wie sie auch damals wankten und froh waren, endlich die Flagge zu hissen. Und finden sie sympathisch, diese Helden, weil sie so menschlich sind, so humorvoll und so ehrlich. Und freuen uns, daß die Kameraführung diese Bescheidenheit unterstützt. ede

Vorführung:Kino 46, Mittwoch 20.30 Uhr,

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