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Heizkosten könnten steigenErdgaspreise im Höhenflug

Vor allem Asiens Wirtschaft treibt die Nachfrage nach Erdgas. Deutsche Speicher sind nur spärlich befüllt. Der Winter könnte teuer werden.

Auch das wird teurer: Kochen mit Erdgas Foto: Thomas Imo/photothek/imago

Freiburg taz | Es dürfte ein teurer Heizwinter werden – speziell für Menschen mit Gasheizung, aber nicht nur für diese. Denn die Erdgaspreise im Großhandel sind in den vergangenen Monaten drastisch gestiegen. Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle weist in seiner jüngsten Statistik bereits für Juli einen Preis aus, der um 42 Prozent höher lag als zu Jahresbeginn. Seither kletterten die Notierungen weiter.

Die Ursachen sind vielfältig. Ein Grund ist die große Nachfrage nach Erdgas aus Asien. Diese führe dazu, dass viele Tanker, die verflüssigtes Erdgas (LNG genannt) transportieren, „nicht Europa ansteuern, sondern den asiatischen Markt bedienen“, erklärt der Branchenverband Zukunft Gas. In Asien liege die Wirtschaftsaktivität nämlich bereits über dem Niveau vor der Krise. „Insbesondere der LNG-Import Chinas ist im ersten Halbjahr stark angewachsen“, erklärt Timm Kehler, Vorstand von Zukunft Gas.

Da die Gaspreise sich im globalen Wettbewerb bilden, wirken internationale Wirtschaftsaktivitäten stets auch auf die Preise in Europa. Entsprechend ist der Druck an den deutschen Gasmärkten: Am Spotmarkt der Energiebörse EEX wurden am Mittwoch 73 Euro pro Megawattstunde bezahlt, ein Anstieg um 70 Prozent binnen sechs Wochen.

Angesichts der seit Monaten hohen Großhandelspreise hatten viele deutsche Gasversorger im Sommer nur zögerlich Gas beschafft – wohl in der Hoffnung auf eine Entspannung des Marktes. Doch dann verschärften stattdessen weiter steigende Preise die Situation. Die Folgen kann man nun am Füllstand der deutschen Erdgasspeicher ablesen, der aktuell mit nur 64 Prozent extrem gering ist für diese Jahreszeit. In den letzten beiden Jahren waren die Speicher zum Herbstbeginn bereits zu mehr als 90 Prozent gefüllt.

Viele Gasversorger haben im Sommer zu wenig Gas gekauft, weil sie niedrigere Preise erwarteten

Aus technischer Sicht könnten die Speicher bis Anfang November noch einen Füllstand von mehr als 90 Prozent erreichen, betont die Initiative Erdgasspeicher, in der die Betreiber deutscher Gasspeicher organisiert sind. Eine Gefahr für die Versorgungssicherheit bestehe damit zumindest „für die erste Winterhälfte derzeit nicht“. Deutschland spielt in diesem Punkt übrigens eine zentrale Rolle, denn das Land verfügt mit rund 230 Terawattstunden über fast ein Viertel der europäischen Kapazitäten und ist damit die größte Speichernation in der EU und die viertgrößte weltweit.

Als weitere tatsächliche oder vermeintliche Gründe für die hohen Gaspreise werden derzeit auch gerne ein kalter vergangener Winter – was er aber weder in Deutschland noch in Europa betrachtet wirklich war –, Ausfälle und Wartungsarbeiten an der europäischen Gas-Infrastruktur sowie der Rückgang der niederländischen Erdgasförderung genannt. Zudem dürfte auch der gestiegene Preis für den Ausstoß von Kohlendioxid (CO2) die Erdgasnotierungen treiben: Weil bei hohen CO2-Preisen Erdgas gegenüber der Kohle im Vorteil ist, steigt die Nachfrage nach Erdgas.

Welche Rolle spielt Gazprom?

Zudem gibt es Spekulationen über die Rolle Russlands. Oliver Krischer, Energieexperte der Grünen im Bundestag, wurde in Medien mit der Aussage zitiert, die Situation dürfte bei den leeren Gazprom-Speichern in Deutschland und Europa „bewusst herbeigeführt worden sein“. Der russische Gasgigant besitzt über eine Tochterfirma auch hierzulande Gasspeicher. Somit rutsche Deutschland „in eine Situation mit Erpressungspotenzial“, sagte Krischer. Hintergrund könne das Genehmigungsverfahren für die Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 sein. Andererseits sagt Gaslobbyist Kehler: „Nach unserem Kenntnisstand erfüllt Gazprom alle vertraglichen Verpflichtungen gegenüber seinen Kunden.“

Während über die Hintergründe der hohen Großhandelspreise also auch spekuliert wird, sind die Konsequenzen hingegen eindeutig: Die Gasversorger werden demnächst deutliche Preiserhöhungen ankündigen. Die Industrie, deren Bezugskonditionen sich in der Regel kurzfristiger ändern, ist längst betroffen und reagiert teilweise schon mit Produktionskürzungen; zum Beispiel verkündete dieser Tage der norwegische Düngemittelhersteller Yara, er werde die Herstellung von Ammonium umgehend um 40 Prozent drosseln.

Besonders folgenschwer ist der Preisanstieg in Großbritannien, da das Land sehr stark von Erdgas abhängig ist, nachdem es fast alle Kohlekraftwerke abgeschaltet hat. Hinzu kommt, dass britische Energieversorger die gestiegenen Einkaufspreise wegen gedeckelter Verbraucherpreise nicht weitergeben können und nun teilweise vor dem Ruin stehen.

Betroffen von den gestiegenen Gaspreisen werden in allen europäischen Ländern auch jene Haushalte sein, die kein Erdgas nutzen. Denn der Gaspreis ist ein wichtiger Faktor ebenfalls im Gefüge der Strompreisbildung im europäischen Großhandel. Entsprechend ist dort auch der Strom zuletzt drastisch teurer geworden, was sich dann ab Januar auf der Stromrechnung bemerkbar machen wird.

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10 Kommentare

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  • 0G
    05989 (Profil gelöscht)

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    "Als weitere tatsächliche oder vermeintliche Gründe für die hohen Gaspreise werden derzeit auch gerne ein kalter vergangener Winter – was er aber weder in Deutschland noch in Europa betrachtet wirklich war –, [...] genannt."



    ##########

    Also der vergangene Winter mag in einigen Regionen nicht besonders kalt gewesen sein, aber er war lang - beziehungsweise haben Herbst und Frühjahr die Heizperiode so weit gestreckt.

    Zudem lagen in Bayern meine/die Jahresdurchschnitte bei 11,5, 11, 11,3 und 10,2 Grad - ein volles Grad weniger im Jahresdurchschnitt ist schon kalt und hat Auswirkungen auf die Heizkosten.

    Tatsächlich passte 2020/2021 seit langem mal wieder in die Zeitreihe 1960-1990.. ;)

    Ich habe in Bayern in der letzten Heizperiode 2020/2021 etwa 15% mehr verbraucht als in 2019/2020. Das ist schon ziemlich viel Schwankung.

    Ich bin sehr dafür, alles kritisch zu sehen, was von den Versorgern so kommt - aber das scheint mir durchaus plausibel zu sein.

  • Naja, Hauptsache, wir bleiben bei Nordstream 2 dem transatlantischen Narrativ treu...

    • 1G
      17900 (Profil gelöscht)
      @Khaled Chaabouté:

      Wäre ihnen teureres Fackinggas lieber gewesen?

  • die Situation dürfte bei den leeren Gazprom-Speichern in Deutschland und Europa „bewusst herbeigeführt worden sein“

    Warum eigentlich diese Verschwörungstheorie aufbringen? Nach normalem Stand, und ohne die Einmischung der USA wäre NS2 schon lange fertig, zertifiziert, und in Betrieb, und dadurch wären auch die Gasspeicher gefüllt. Da die Grünen NS2 für überflüssig halten ist es nur richtig, wenn sie die Konsequenzen mal sehen. Dresden mit 1h Stromausfall und komplettem Stillstand in der ganzen Gegend reicht wohl nicht.

    Ich bin sehr für eine Energiewende, doch dafür braucht es einen Plan, und kein planloses Rumwursteln. Es braucht eine Ersatzenergiequelle für Flautenzeiten, und Speichermöglichkeiten, damit der hier erzeugte Strom nicht zu Überschusszeiten ins Ausland verschenkt werden muss, nur um die Netze stabil zu halten. Vorher braucht es auch keine E-Mobile

    • 4G
      4813 (Profil gelöscht)
      @Martin_25:

      "Dresden mit 1h Stromausfall und komplettem Stillstand in der ganzen Gegend reicht wohl nicht."

      Sie sind hier falsch. Mit so platten Lügen kommen sie hier nicht durch. In Dresden war es ein Partyluftballon, der einen Kurzschluss auslöste, nicht der Feind (Russe, Chinese, Grüne).

    • @Martin_25:

      "Nach normalem Stand, und ohne die Einmischung der USA wäre NS2 schon lange fertig, zertifiziert, und in Betrieb, und dadurch wären auch die Gasspeicher gefüllt."

      Dafür braucht man NS2 nicht... da gibts genügend andere Pipelines, z.B. NS1.

      NS2 ist gebaut worden nachdem RUS Ostblockländer nicht mehr beliefern wollte, da diese nicht die Preise zahlen wollten/konnten. Wir erinnern uns, das gab es in den 90igern! Aber wenn man halt Transitstaaten das Gas abdreht, kommt auch in Deutschland nix mehr an (damals lebten wir Wochenlang von den Speichern). DARUM! hat man NS2 gebaut. Das unsere Versorgung nicht von der Zahlungsmoral oder einem Handelsstreit der Transitstaaten mit RUS ab hängt.

  • Wir wollen eh aus der Verbrennung von fossilen Rohstoffen aussteigen. Da können wir diesen Winter schon mal üben, wie sich das anfühlt. Vermutlich bleiben dafür ein paar Kernkraftwerke am Netz, sonst wird es nicht nur kalt sondern auch dunkel.

    • @TazTiz:

      "Vermutlich bleiben dafür ein paar Kernkraftwerke am Netz, sonst wird es nicht nur kalt sondern auch dunkel."



      Kalt und dunkel wäre ja noch nicht sooo schlimm. Aber wenn die E-Autos stehen bleiben...

    • 4G
      4813 (Profil gelöscht)
      @TazTiz:

      Das war absehbar.



      Jahrelang haben sich die Konservativen gegen die schleichend hereinbrechende Realität gewehrt und wollten alles so lassen, wie es früher war. Der Strom kommt aus der Steckdose, die Wärme aus der Gasleitung und der Markt regelt es schon.



      Macht er auch, er verkauft die Wärmequelle nur jetzt an Länder, die mehr bieten.



      In dieser Situation wird der rußschwarze Peter an den nächsten abgegeben, an die nicht Konservativen, die jetzt den Karren aus dem Dreck ziehen sollen.

      Man könnte sich dem verweigern und abwarten. Sollen doch Lindner und Laschet machen. Lindner steht ja sowieso auf funzeliges Licht und Kerzenschein.

      • @4813 (Profil gelöscht):

        Ich glaube, es sind die Grünen, die uns davon überzeugen wollen, dass Wind und Sonne für die Energiegewinnung ausreichend sind und dass Deutschland sich mit Schließen aller Tagebaue und dem Abschalten der letzten Kernkraftwerke gänzlich von der Energieversorgung durch das Ausland abhängig machen soll. Die Notwendigkeit einer eigenen Industrie wird auch nicht gesehen. Und reicht ja ein bisschen staatlich geförderte Arbeit und alles ist schön, Deutschland ist ja so reich.

        Nee! Russen und Amerikaner und andere Energielieferanten werden uns prächtig abzocken und wir werden pusten, damit die Windräder sich drehen …